Entging Spanien einer Katastrophe? Beinahe-Crash erregt Barcelona
07.07.2014, 14:07 Uhr
Die Szenen jagen dem Betrachter eiskalte Schauer über den Rücken: Im Anflug auf das zweitgrößte Luftdrehkreuz Spaniens brechen die Piloten einer russischen Boeing unvermittelt die Landung ab. Die Behörden sehen keinen Anlass zur Sorge.
Das Video eines unbekannten Amateurfilmers sorgt weit über die spanischen Grenzen hinaus für Aufsehen unter Luftfahrtexperten: Auf den im Internet verbreiteten Aufnahmen ist eine zweistrahlige Passagiermaschine der russischen Fluggesellschaft Utair zu sehen, die ihren Landeanflug auf den katalanischen Großflughafen El Prat bei Barcelona unvermittelt abbrechen muss, weil sich eine weitere Maschine am Boden quer über die Landepiste schiebt.
"Die aus Moskau anfliegende Boeing 767-300 der Utair wäre beinahe an einer der größten Katastrophen in der Geschichte des Flughafens beteiligt gewesen", berichtete das lokale Portal Aerobarcelona. Die spanischen Aufsichtsbehörden bestreiten, dass es sich hier tatsächlich um einen Beinahe-Zustammenstoß gehandelt habe.
In dem Video ist deutlich zu sehen, wie die Utair-Piloten in der Endphase des Landeanflugs ihre Annäherung an den Flulghafen abbrechen und die Maschine zum Durchstarten zwingen. Allem Anschein nach reagieren sie damit auf ein unvorhergesehenes Hindernis am Boden. Eine rollende Maschine scheint nicht wie offenbar vorgesehen auf ihrer Position auf dem Taxiway zu warten, sondern kreuzt mitten im Anflug des russischen Jets die Landebahn. In der verkürzten Perspektive des mit einem starken Teleobjektiv aufgenommenen Videos wirkt die Annäherung höchst dramatisch.
Go-around in höchster Not?
Der Vorfall scheint jedoch auch mit einigem Abstand betrachtet noch mindestens ungewöhnlich. Fest steht: Bei einer Kollision der beiden Maschinen wäre es mit Sicherheit zu einer Katastrophe mit Todesopfern gekommen. Unter Luftfahrtexperten dürfte die Konstellation an die Katastrophe von Teneriffa aus dem Jahr 1977 erinnern. Damals waren im dichten Nebel zwei nahezu vollbesetzte Jumbojets vom Typ 747 mit insgesamt 644 Menschen an Bord auf der Rollbahn zusammengestoßen.
Im aktuellen Fall jedoch scheint sich die Lage anders darzustellen: Weder herrscht Nebel, noch wollen die zuständigen Behörden ein mögliches Fehlverhalten der beteiligten Maschinen und dem Tower erkennen. Den Berichten zufolge war die anfliegende Boeing zur Landung auf Rollbahn 02 vorgesehen. Gut zu erkennen ist, wie sich die 767-300, eingereiht in den anfliegenden Verkehr, dem Flughafen El Prat nähert.
Mehr als einen Kilometer Abstand?
Wenige Sekunden vor dem Aufsetzen quert plötzlich ein vierstrahliger Langstreckenjet vom Typ Airbus A340-300 der argentinischen Fluggesellschaft Aerolíneas Argentinas die zur Landung vorgesehene Rollbahn. Aerolíneas Argentinas ist Mitglied der Skyteam-Allianz. Die spanische Flughafenbehörde Aena betonte jedoch, es habe trotz der dramatisch wirkenden Szene tatsächlich keinerlei Gefahr eines Zusammenstoßes der Flugzeuge bestanden.
Die Maschinen seien mehr als einen Kilometer voneinander entfernt gewesen, berichtete die Zeitung "La Vanguardia" unter Berufung auf die Behörde. Die aus Moskau kommende Maschine hätte ohne weiteres landen können. Aufgrund der Perspektive und der Aufnahmetechnik per Teleobjektiv täusche der Eindruck, den das Video erwecke. Keine der beiden Fluggesellschaften habe wegen des Vorfalls, der sich am vorigen Samstag ereignete, eine Anzeige erstattet.
Wenn das zutrifft, bleibt allerdings die Kernfrage noch offen: Warum sahen sich die Piloten der russischen Boeing veranlasst, ihren Landeversuch abzubrechen? Bei dem Luftfahrtportal Aerobarcelona hält man an der Darstellung fest: "Die Utair musste ein Go-around machen, um eine Kollision mit der Aerolineas Argentinas zu vermeiden."
Quelle: ntv.de, mmo/dpa