Panorama

"Haltlos, weil frei erfunden" Die Vorwürfe gegen Kachelmann

Gegen den Mann, der das Wetterfernsehen in Deutschland revolutionierte, werden schwere Vorwürfe erhoben: Kachelmann soll seine Freundin vergewaltigt haben, er sitzt in Untersuchungshaft. "Frei erfunden" sei das - Kachelmann will sich juristisch zur Wehr setzen. Es könnte bereits zu spät für ihn sein.

Jörg Kachelmann wurde am Flughafen festgenommen.

Jörg Kachelmann wurde am Flughafen festgenommen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Revolutionär der deutschen Wetteransage sitzt auf der Anklagebank. Nicht im juristischen Sinne, das entscheidet sich erst noch. Aber die Meldung über die Verhaftung des allseits populären TV-Moderators und Wetterkarten-Experten Jörg Kachelmann ging wie ein Lauffeuer durch die Medien. Wenn auch mit leichter Verzögerung.

Denn das Thema ist heikel: Der TV-Moderator, der die Wettervorhersage zur Unterhaltung machte, soll seine langjährige Freundin vergewaltigt haben. Der Vorwurf wiegt schwer. Er könnte das Ende von Kachelmanns Karriere bedeuten. Könnte. Das kleine Wörtchen "soll" macht das Eis für die Medien so dünn: Was, wenn nichts dran ist an den Anschuldigungen? Der Ruf eines Menschen ist leicht zu ruinieren. Wer möchte schon schuld sein an Kachelmanns Karriere-Ende, wenn er unschuldig ist?

Erinnerungen werden wach. An Andreas Türck zum Beispiel. Der war einmal ein beliebter TV-Moderator. Dann kam der Vorwurf der Vergewaltigung, im Prozess wurde Türck freigesprochen. Doch seine Karriere war da bereits zu Ende.

Staatsanwaltschaft hält sich zurück

Der Persönlichkeitsschutz ist auch der Grund, warum sich die im Fall Kachelmann ermittelnde Staatsanwaltschaft bedeckt hält. "Die Staatsanwaltschaft Mannheim führt gegen einen 51-jährigen Journalisten und Moderator ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung", heißt es in ihrer Mitteilung lediglich. "Der Beschuldigte wurde aufgrund des bestehenden Haftbefehls am 20.03.2010 nach der Einreise am Frankfurter Flughafen festgenommen." Und: "Weitergehende Auskünfte werden derzeit aus Ermittlungsgründen und im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten nicht erteilt."

Die Festnahme wurde auch von der JVA Mannheim als eine der ersten Quellen bestätigt.

Die Festnahme wurde auch von der JVA Mannheim als eine der ersten Quellen bestätigt.

(Foto: dpa)

Die Staatsanwaltschaft ließ damit auch offen, warum Kachelmann in Untersuchungshaft sitzt. Musste er hinter Gitter, weil er als Schweizer keinen Wohnsitz in Deutschland hat und damit die Fluchtgefahr höher eingestuft wird? Oder war es die Schwere des Vorwurfs der Vergewaltigung, die ihn ins Gefängnis brachte?

Die Meldung nimmt ihren Lauf

Entsprechend nüchtern fiel die erste Meldung der Deutschen Presseagentur dpa um 13.14 Uhr aus. Die Nachrichtenagentur machte aber gleich deutlich, dass es nicht bei dieser Meldung bleiben würde: "dpa prüft Medien-Angaben zur Identität des Betroffenen." Denn zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Leitmedium in Sachen Prominenz und Skandalgeschichten schon wie gewohnt in die Nachrichtenoffensive begeben: "Kachelmann: Verdacht der Vergewaltigung", hieß es um 12.40 Uhr auf der Internetseite der "Bild"-Zeitung.

Damit war der Stein ins Rollen gebracht. Der Konkurrenzdruck im Mediengeschäft ist groß, nun ging es nur noch darum, wer als Erster eine seriöse Quelle zur Bestätigung der Festnahme Kachelmanns finden konnte, damit der Name ungestraft genannt werden kann.

Das gelang der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) um 14.45 Uhr. Ein Sprecher der Bundespolizei bestätigte Kachelmanns Festnahme auf dem "Frankfurter Flughafen wegen des Verdachts der Vergewaltigung". Die Meldung war damit bestätigt, um 15.30 Uhr hatte auch die dpa ihre Quelle: "Der Meteorologe und Moderator Jörg Kachelmann sitzt nach Angaben seiner Firma Meteomedia wegen Vergewaltigungs-Verdacht in Untersuchungshaft."

Medienanwalt Höcker: "Vorwürfe frei erfunden".

Medienanwalt Höcker: "Vorwürfe frei erfunden".

(Foto: picture alliance / dpa)

Dabei wollte Meteomedia-Sprecherin Stefanie Schleß ihren Chef eigentlich in Schutz nehmen und bezweifelte den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe: "Wir halten das für ein Missverständnis, das sich sicherlich schnell aufklären wird." Doch als Quelle zur Bestätigung konnte sie von nun an dienen. Es folgte noch der Leiter der Justizvollzugsanstalt Mannheim, Romeo Schüssler, der die Verhaftung ebenfalls mit Namen bestätigte. Die Medien hatten ihre Bestätigungen, nun konnte auch Kachelmanns Kölner Anwalt Ralf Höcker nichts mehr erreichen.

Anwalt ohne Chancen

Höcker versuchte noch die Berichte zu verhindern. "Die Vorwürfe sind haltlos, weil sie frei erfunden sind", erklärte er n-tv.de genauso deutlich wie allen anderen fragenden Journalisten. Trotzdem: Von nun an fand sich die Meldung über die Festnahme seines Mandanten auf allen großen Nachrichtenseiten im Internet wieder.

Auch die ARD sah sich gezwungen, zu reagieren. Diese Woche wird Kachelmann nicht wie gewohnt im Fernsehen zu sehen sein, sagte eine Sprecherin. Die Dienstpläne würden umgestellt. Kachelmann präsentiert dort mit seinem Meteorologen-Team die Sendung "Wetter im Ersten".

Kachelmanns Karriere könnte nun zu Ende sein.

Kachelmanns Karriere könnte nun zu Ende sein.

(Foto: dpa)

Der Moderator selbst ließ am Montagabend über seine Firma ausrichten, er wolle sich juristisch gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen: "Jörg Kachelmann wird wegen falscher Anschuldigung Klage erheben", teilte Meteomedia mit. "Mit großem Entsetzen" sei die Verhaftung des Firmen-Gründers zur Kenntnis genommen worden. "Ohne dem Gang der Justiz vorgreifen zu wollen, halten wir es für undenkbar, dass die Anschuldigungen stimmen könnten." Die Vorwürfe seien ungerechtfertigt. "Selbstverständlich wird Kachelmann gegen die uns bekannte Anzeigeerstatterin Anzeige erstatten."

Ob das ihm und besonders seiner Karriere noch helfen wird, ist mehr als fraglich. Stimmen die Vorwürfe, ist es eine leere Drohung. Stimmen sie nicht, könnte es bereits zu spät sein.

Quelle: ntv.de

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