Wetterchaos: Flughäfen sind HauptproblemEU bestellt Airportchefs ein

Während sich die Lage auf Schiene und Straße weitgehend normalisiert, machen Schnee und Eis vor allem den Flughäfen zu schaffen. Und als wäre das nicht schon genug, bestellt die EU-Kommission die Airport-Chefs auch noch zum Rapport ein.
Heftige Schneefälle und deutliche Minusgrade: Das Winterwetter hat vor allem den Flugverkehr in Europa weiter massiv behindert. Nach anfänglichen Zeichen der Entspannung ging das Chaos an den Flughäfen in Deutschland, England und Frankreich weiter. Bei der Deutschen Bahn gab es erneut zahlreiche Verspätungen, aber nur wenige Zugausfälle. In Köln und bei Hannover kam es bei Gleisarbeiten zu schweren Unfällen, bei denen insgesamt drei Arbeiter starben. In der Nacht zu Dienstag verzeichnete die Polizei auf den Straßen zwar weniger Unfälle als einen Tag zuvor. Entwarnung gab es allerdings noch nicht.
Die EU-Kommission hat die Flughafen-Chefs zum Rapport einbestellt. "Diese Situation ist inakzeptabel und darf nicht wieder vorkommen", sagte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas mit ungewöhnlich deutlichen Worten. Er kritisierte die schlechte Organisation der europäischen Flughäfen, die zu wenig Enteisungsmittel auf Lager hätten. In den kommenden Tagen erwarte der Kommissar von dem Treffen mit Verantwortlichen aus ganz Europa Erklärungen und Pläne, um Abhilfe zu schaffen.
Auch bei Schnee und Eis müssten die Airports in der Lage sein müssen, den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Auch eine Lösung hat Kallas parat: "Bessere Vorbereitung, so wie es in Nordeuropa gemacht wird, ist kein optionales Extra, sondern muss mit dem nötigen Aufwand geplant werden", verlangte der EU-Verkehrskommissar.
Leichte Entspannung in Frankfurt
Der Flughafen Frankfurt musste wegen neuer Schneefälle ab 5 Uhr zunächst gesperrt werden. Am Vormittag wurde der Betrieb zwar wieder aufgenommen, zahlreiche Flüge zum Beispiel nach London fielen jedoch aus. Vorerst war am wichtigsten deutschen Luftfahrtdrehkreuz nur eine der Start- und Landebahnen freigegeben. Mindestens 300 Flüge fielen aus, viele andere hatten Verspätung. Inzwischen werden zwar drei der vier Bahnen wieder genutzt, es werden aber weiter erhebliche Behinderungen und Flugausfälle erwartet.
"Diese massiven Niederschläge waren nicht vorhergesagt", sagte Jürgen Harrer von der Betreibergesellschaft Fraport. Es sei nun wichtig, sich bestmöglich um die wartenden Passagiere zu kümmern und sie wie an den Tagen zuvor mit Getränken und Snacks zu versorgen. Die Lufthansa rief ihre Passagiere erneut dazu auf, nach Möglichkeit auf andere Verkehrsmittel umzusteigen. Langstreckenflüge müssten auf andere Flughäfen umgeleitet werden. Das bringe den Flugplan durcheinander.
In Wien saßen hunderte Passagiere fest, weil ihre Zielflughäfen geschlossen waren. "Aktuell sind etwa 500 Passagiere bei uns gestrandet", sagte der Sprecher der Fluglinie Austrian. "Wir müssen Flüge absagen, die startklar wären. Das ist ärgerlich". Die Maschinen könnten nicht abheben, weil die Zielflughäfen geschlossen seien.
Heathrow liegt weitgehend lahm
Der größte europäische Flughafen London-Heathrow ist am vierten Tag in Folge weitgehend lahmgelegt, an den fünf Terminals herrschte Chaos. Nur 30 Prozent der Flüge konnten abgewickelt werden, teilte der Flughafenbetreiber mit. Auch hier steht nur eine der beiden Start- und Landebahnen zur Verfügung. Auf dem Flughafen Paris-Charles de Gaulle kam es ebenfalls zu zahlreichen Verspätungen.
Mehrere Flüge wurden unterdessen von Frankfurt nach Leipzig/Halle umgeleitet. Bis zum Vormittag waren fünf Passagier- und zwei Frachtmaschinen in Leipzig gelandet. "Wie und wann es für die Flugreisenden weitergeht, wissen wir noch nicht", sagte Airport-Sprecherin Evelyn Schuster. Leipzig/Halle ist offizieller Ausweichflughafen für Frankfurt.
Auch in München fielen bereits 50 Flüge aus. Dabei herrscht dort Tauwetter, der Flughafenbetrieb könnte völlig normal laufen. "Wir arbeiten noch den Restverkehr von Frankfurt, London, Amsterdam und Brüssel ab", sagte ein Flughafensprecher in München. Vor allem die Schließung in Frankfurt am frühen Morgen sei der Grund für den Großteil der Annullierungen. Für die Verspätungen oder Ausfälle sei der Münchner Flughafen nicht verantwortlich.
Keine Ausfälle bei der Bahn
Etwas Erleichterung gab es auf der Schiene. Bahnfahrer müssen sich wegen des Winterwetters zwar weiter auf Verspätungen einstellen. Es habe aber bislang keine Zugausfälle mehr gegeben, sagte ein Bahnsprecher am Vormittag in Berlin. "Die Züge sind gut gefüllt, aber nicht an der Kapazitätsgrenze."
Allerdings ereignete sich in der Nacht ein schwerer Bahnunfall mit zwei Todesopfern: In Köln-Mülheim hatte eine Regionalbahn eine Gruppe von Gleisarbeitern während Räumarbeiten erfasst. Ein 40-Jähriger und ein 41 Jahre alter Mann kamen dabei ums Leben. Wie es zu dem Unglück kam, war zunächst unklar. Auch in Wunstorf bei Hannover wurde ein Arbeiter von einem ICE erfasst und getötet. Nach einem Kollegen des Mannes werde noch gesucht, teilte die Bundespolizei mit. Er stehe möglicherweise unter Schock und irre noch an den Gleisen herum. Beide Männer waren mit Arbeiten an einer Weiche beschäftigt, als der ICE mit Tempo 160 herannahte. Der Verkehr auf der Strecke Hannover-Ruhrgebiet wurde unterbrochen. In dem Zug, der erst 1000 Meter weiter zum Stehen kam, harrten rund 60 Reisende aus.
Hauptstraßen wieder frei
Auf den Straßen hat sich die Situation etwas entspannt, Autobahnen und Hauptstraßen sind vielfach wieder frei. Behinderungen im Straßenverkehr verursachte der Schnee allerdings in Hessen und im Rhein-Main-Gebiet. Auch in Erfurt in Thüringen bremste heftiger Schneefall am Morgen den Berufsverkehr aus. Die Polizei sprach von querstehenden Lastwagen auf Autobahnen sowie Blechschäden.
Im Tagesverlauf soll es laut dem Deutschen Wetterdienst erneut schneien. Ob die weiße Pracht noch bis Weihnachten hält, ist nach Angaben von Meteorologen aber ungewiss. Ab Donnerstag komme es zum Gerangel zwischen milder Luft aus Südwest und Kaltluft aus Nordwest. "Für Weiße Weihnachten sieht es gar nicht so schlecht aus", sagt der Meteorologe Lars Dahlstrom in Bochum. Die Chancen auf flächendeckendes Weiß in Deutschland schätzt er auf 80 Prozent.