Kinder nach Nordafrika verschleppt Familienvater steht vor Gericht
24.01.2012, 19:07 UhrEin Mann entführt seine vier Kinder, weil ihm das Sorgerecht entzogen worden ist. Nach monatelanger Suche spüren Ermittler ihn in Ägypten auf. Er gibt zum Prozessauftakt an, aus seiner christlichen Überzeugung heraus gehandelt zu haben. Als Christ sei für ihn das Recht Gottes "höherrangig" als die Entscheidungen der deutschen Justiz.
Neun Monate nach der Verschleppung seiner vier Kinder nach Nordafrika muss sich ein 38-jähriger Familienvater aus der Nähe von Celle vor dem Landgericht in Lüneburg verantworten. Der unter anderem wegen Kindesentziehung angeklagte Mann habe die Vorwürfe bis auf einige wenige Details zum Prozessauftakt gestanden, teilte ein Gerichtssprecher mit.
Der Fall der entführten zwei Jungen und zwei Mädchen im Alter von heute vier bis neun Jahre hatte für großes Aufsehen gesorgt. Der 38-jährige Deutsche, der von der Mutter der Kinder getrennt lebte, war mit seinem Nachwuchs Ende April heimlich nach Ägypten gereist, nachdem ein Gericht ihm kurz zuvor das Sorgerecht abgesprochen hatte. Er versteckte sich monatelang mit seinen Kindern in dem nordafrikanischen Land und im benachbarten Sudan. Erst am 7. September nahmen ihn ägyptische Polizisten in Kairo fest. Der Mann und die Kinder wurden anschließend zurück nach Deutschland gebracht.
Im Prozess wiederholte der Mann nach Angaben des Gerichtssprechers sein früheres Geständnis, wonach eine christlich-fundamentalistische Überzeugung im Zusammenhang mit dem Sorgerechtsstreit das Motiv für die Entführung gewesen sei. Er habe ausgesagt, dass er von seinem Glauben her dazu angehalten sei, die Erziehung seiner Kinder selbst in die Hand zu nehmen, sagte der Sprecher.
Fahrradausflug vorgetäuscht
Den Ermittlern zufolge hatte der 38-Jährige in seinen Vernehmungen bei der Polizei unter anderem auch angegeben, dass er die Entscheidung der deutschen Justiz, ihm das Sorgerecht zu entziehen, für nicht rechtmäßig gehalten habe, da für ihn als Christ das Recht Gottes "höherrangig" sei. Er habe sich zu der Entführung verpflichtet gesehen, um die Kinder dem Einfluss seiner Frau zu entziehen. Ihre Erziehungsmethoden und ihren Lebensstil habe er abgelehnt.
Laut Anklage war der Vater am 21. April mit einem Nachschlüssel in die Wohnung seiner früheren Partnerin eingedrungen und hatte dort unbemerkt zunächst die Pässe der Kinder und deren Sparbücher gestohlen, um die Flucht vorzubereiten. Nachdem er von dem Geld darauf Flugtickets gekauft hatte, soll er seine Söhne und Töchter vier Tage später unter dem Vorwand von ihrer Mutter abgeholt haben, mit ihnen einen Fahrradausflug machen zu wollen. Diese schöpfte keinen Verdacht und ließ sie gehen. Daraufhin fuhr der Vater mit den Kindern zum Flughafen Hannover, flog nach Ägypten und tauchte dort unter.
Die Mutter der Kinder sagte nach Angaben des Gerichtssprechers als Zeugin im Prozess aus, dass die Kinder die monatelang Odyssee psychisch "den Umständen entsprechend" und relativ gut überstanden hätten. Ähnlich äußerte sich eine Psychologin des niedersächsischen Landeskriminalamts (LKA), die die Kinder auf ihrem Rückflug zu ihrer Mutter betreut hatte und ebenfalls aussagte
Quelle: ntv.de, AFP