Katastrophenalarm bei MadridFünf Millionen Autoreifen stehen in Flammen

Ein Feuer auf Spaniens größter Autoreifen-Deponie vertreibt Hunderte Menschen aus ihren Wohnungen bei Madrid. Am Himmel ist der schwarze Rauch kilometerweit zu sehen. Er ist hochgiftig und erschwert die Löscharbeiten.
Ein Feuer in Spaniens größter Autoreifen-Deponie hat vor den Toren Madrids eine riesige, giftige Rauchwolke verursacht. Eine Siedlung in der Kleinstadt Seseña südlich der Hauptstadt wurde am Freitag vorsichtshalber evakuiert. Die Bewohner anderer Ortschaften wurden aufgerufen, ihre Wohnungen nicht zu verlassen und Türen und Fenster geschlossen zu halten. Die Behörden lösten Katastrophenalarm aus, allerdings auf einer niedrigen Stufe.
Wie die Regierung der Region Kastilien-La Mancha in Toledo mitteilte, mussten in Seseña etwa 1000 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Die Räumung sei angeordnet worden für den Fall, dass die giftige Rauchwolke nach einer Änderung der Windrichtung in die Siedlung getrieben würde. Ein großer Teil der Bewohner habe den betroffenen Stadtteil schon vorher freiwillig verlassen. Eine Autobahn wurde aus Sicherheitsgründen gesperrt.
Der Umweltexperte Joan Grimalt vom staatlichen Forschungsinstitut CSIC warnte, dass der Rauch "sehr gesundheitsschädlich" sei und "stark krebserregende Stoffe" enthalte. Die Umweltbehörden ließen in der Umgebung ständig die Luftqualität überprüfen.
Seit zehn Jahren illegal
Die Deponie bei Seseña erstreckt sich über eine Fläche von etwa 20 Fußballfeldern. Dort sind nach Informationen der Nachrichtenagentur Efe etwa fünf Millionen Autoreifen mit einem Gewicht von 100.000 Tonnen gelagert. Spanischen Medienberichten zufolge soll sie gar die größte Deponie dieser Art in Europa sein.
Vor mehr als einem Jahrzehnt hatte sie die Justiz bereits wegen Verstößen gegen den Umweltschutz für illegal erklärt. Die Behörden in den Regionen Madrid und Kastilien-La Mancha konnten sich bislang aber nicht einigen, wie die Reifen entsorgt werden sollen. Nach Informationen der Zeitung "El País" hatte die EU-Kommission kürzlich in Spanien Informationen wegen der Deponie angefordert.
Der Betreiber der Reifendeponie ist untergetaucht. Gegen ihn seien Geldbußen von insgesamt 600.000 Euro verhängt worden, weil er trotz eines Verbots dort weiterhin Reifen gelagert habe, teilte die Regionalregierung in Toledo mit.
Behörden vermuten Brandstiftung
Das Feuer war in der Nacht zum Freitag ausgebrochen. Bis zu 20 Meter hohe Flammen schossen empor. Die riesige, schwarze Qualmwolke war bis nach Madrid zu sehen. Der Rauch erschwerte allerdings den Einsatz von Hubschraubern und Löschflugzeugen. Das Militär unterstützte die Einsatzkräfte mit Tankflugzeugen, die aus der Luft große Mengen Wasser abwarfen.
Die Löscharbeiten konzentrierten sich zunächst darauf, eine weitere Ausbreitung der Flammen zu verhindern. Es könne noch eine Woche dauern, bis der Brand vollständig gelöscht ist, teilte die Regierung von Kastilien-La Mancha mit.
Die Behörden vermuten, dass Brandstifter das Feuer gelegt haben. Es habe an einem äußersten Ende der Deponie begonnen, sagte der Bürgermeister von Seseña, Carlos Velázquez, dem Radiosender Cadena SER. Weite Teile dieser zwischen Madrid und Toledo gelegenen Ortschaft mit 21.000 Einwohnern waren erst während des Baubooms im vorigen Jahrzehnt aus dem Boden gestampft worden.