Schweres Nachbeben erschüttert Japan Evakuierungszone wird größer
11.04.2011, 08:02 Uhr
Überlebende gedenken der Opfer der Katastrophe vor einem Monat.
(Foto: AP)
Genau ein Monat nach dem verheerenden Erdbeben wird Japan erneut von einem schweren Beben erschüttert. Wegen der erhöhten Radioaktivität rund um die Atomruine Fukushima beschließen die Behörden, die Evakuierungszone auszuweiten. Kinder, Schwangere und Kranke sollen sich mindestens 30 Kilometer von Fukushima entfernt aufhalten. Im ganzen Land gedenken die Japaner indes der Opfer.
Die japanische Regierung wird die Evakuierungszone um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima nun doch ausweiten. Das kündigte Regierungssprecher Yukio Edano in Tokio an. Gegenden, in denen die gemessene Strahlenbelastung 20 Millisievert pro Jahr erreichen könnte, sollten nun ebenfalls evakuiert werden. Bisher betrug der Evakuierungsradius 20 Kilometer.
Der Regierungssprecher verwies unter anderem auf den Ort Iitate, der 40 Kilometer von dem zerstörten Kernkraftwerk entfernt liegt. Die Gebiete sollten innerhalb eines Monats evakuiert werden. Es sei nicht nötig, sofort zu handeln. Edano riet Kindern, Schwangeren und Kranken, sich nicht näher als 30 Kilometer dem AKW zu nähern.
Trotz eindringlicher Appelle lehnte Japans Regierung eine Ausweitung der Evakuierungszone bislang ab. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace forderte eine Ausweitung auf 40 Kilometer, um die Bevölkerung vor Strahlen zu schützen. Die USA und Australien empfahlen ihren Bürgern, sich mindestens 80 Kilometer fernzuhalten.
Weiteres schweres Nachbeben
Genau einen Monat nach der Naturkatastrophe erschütterte ein schweres Nachbeben erneut den Nordosten und Osten Japans. Die Behörden gaben eine Tsunami-Warnung für die Pazifikküste aus. Bereits kurz nach der Erschütterung wurden Flutwellen von einem halben Meter in der Provinz Ibaraki gemessen. Auch in der Hauptstadt Tokio gerieten Häuser stark ins Schwanken.Auf Live-Bildern des japanischen Fernsehsenders NHK war ein Feuer in der Stadt Iwaki zu sehen.
Das Erdbebenzentrum lag in der Provinz Fukushima, wo auch das havarierte Atomkraftwerk liegt. Wie der Betreiber Tepco mitteilte, fiel der Strom für die Pumpen zum Kühlen der Reaktoren 1, 2 und 3 für 50 Minuten aus. Die Stromversorgung konnte nach Angaben eines Sprechers der Atomaufsichtsbehörde jedoch wieder hergestellt werden. Zunächst hatte es geheißen, es gebe keine Auswirkungen auf das AKW. Die Arbeiter seien aber aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen.
Trauer um die Opfer
Mit einer Schweigeminute gedachten die Japaner der Opfer der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe. Rettungskräfte und Überlebende hielten im Nordosten des Landes eine Minute inne, wie Fernsehbilder zeigten. Um 14.46 Uhr (Ortszeit; 07.46 MESZ), dem Zeitpunkt, als am 11. März das Erdbeben der Stärke 9,0 die Region erschütterte, ertönten zudem Sirenen.
In der zerstörten Stadt Kesennuma unterbrachen Soldaten ihre Suche nach in den Trümmern verschütteten Opfern. Die Soldaten legten ihr Arbeitsgerät nieder und nahmen ihre Helme, Handschuhe und Schutzmasken ab, um der Toten zu gedenken. Seit der Katastrophe gelten fast 28.000 Menschen als tot oder vermisst.
Vor einer Notunterkunft in Minamisanriku verbeugen sich die Überlebenden vor den Opfern.
(Foto: dpa)
Japans Regierungschef Naoto Kan bedankte sich für die internationale Unterstützung nach der Naturkatastrophe. In einem mit dem Titel "Vielen Dank für die Bande der Freundschaft" überschriebenen Brief, der in mehreren großen Tageszeitungen weltweit veröffentlicht wurde, schreibt Kan, Menschen aus aller Welt hätten den Japanern Hoffnung gebracht und Mut gemacht. "Ich möchte jedem Land, jeder Organisation und Ihnen persönlich von tiefstem Herzen danken." Nach dem Beben und dem Tsunami habe es in der betroffenen Region weder Essen, noch Wasser, noch Strom gegeben. In dieser Zeit der "Verzweiflung" hätten Menschen aus aller Welt geholfen.
Tepco-Chef taucht wieder auf
Der Chef des Atombetreibers Tepco, Masataka Shimizu, reiste in die Provinz Fukushima, um sich bei der lokalen Regierung zu entschuldigen. Gouverneur Yuhei Sato weigerte sich jedoch laut Medien, ihn zu sehen. Es ist bereits das zweite Mal, dass der Gouverneur von Fukushima ein Treffen mit Shimizu ablehnt. Der Tepco-Chef wird scharf kritisiert, da er sich zwei Tage nach Beginn der Katastrophe offiziell wegen Unwohlseins zurückgezogen hatte und seitdem nicht mehr in der Öffentlichkeit erschienen war.
Unterdessen setzten Arbeiter im Atomkraftwerk Fukushima die Vorbereitungen zum Abpumpen radioaktiv verseuchten Wassers fort. Zunächst sollen Auffangbehälter überprüft werden, aus denen in den vergangenen Tagen relativ schwach verstrahltes Wasser ins Meer abgeleitet wurde. Die Arbeiter wollten sicherstellen, dass sich dort keine Überreste mehr befinden.
Mit Hilfe von Schläuchen und Pumpen will der Betreiber Tepco so schnell wie möglich Millionen Liter radioaktive Brühe aus der Anlage pumpen und in eine Entsorgungsanlage bringen. Japans Wirtschafts- und Industrieminister Banri Kaieda sagte nach einem Besuch in dem Krisen-AKW, dies müsse möglichst schnell geschehen. Kyodo berichtete, es werde aber noch dauern, bis mit dem Abpumpen begonnen werden könne.
Nach dem Beben und dem Tsunami war die Stromversorgung ausgefallen. Das Kühlsystem versagte, seitdem wird dafür Wasser in die Anlage geleitet. Das nun verstrahlte Wasser erschwert jedoch die Bemühungen, die Anlage zu stabilisieren. Ein Arbeiter musste ins Krankenhaus gebracht werden. Er hatte über Übelkeit geklagt, wie die Nachrichtenagentur Kyodo meldete. Der Mann war dem Bericht zufolge aber bei Bewusstsein. Tepco sagte, er sei überarbeitet gewesen. Der Techniker war gerade dabei, im Reaktor 2 einen Schlauch zu verlegen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts