Panorama

Sachsensumpf-Affäre Journalisten verurteilt

Die Journalisten Thomas Datt (links) und Arndt Ginzel mit einem Kaktus mit der Aufschrift "Pressefreiheit - Stachelig bleiben".

Die Journalisten Thomas Datt (links) und Arndt Ginzel mit einem Kaktus mit der Aufschrift "Pressefreiheit - Stachelig bleiben".

(Foto: dpa)

Es ging um Bordellbesuche und Immobiliendeals, um Korruption auf höchster Ebene. Vor drei Jahren schockierten Berichte über angebliche kriminelle Netzwerke in Sachsen die Öffentlichkeit, jetzt sind die Autoren wegen übler Nachrede verurteilt worden. Journalisten-Organisationen sprechen von einem Skandal-Urteil.

Nach ihren Berichten über die sogenannte Korruptionsaffäre in Sachsen sind zwei Journalisten aus Leipzig wegen übler Nachrede zu je 2500 Euro Strafe verurteilt worden. Das Gericht blieb damit unter der Forderung von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Der ursprünglich auch erhobene Vorwurf der Verleumdung wurde fallengelassen.

Die beiden freiberuflich arbeitenden Reporter wollen das Urteil anfechten, kündigten sie noch im Dresdner Amtsgericht an. Auch die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie Rechtsmittel einlegt - sie hatte 6000 Euro Strafe verlangt. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte das Urteil als überzogen und will über mögliche weitere Schritte beraten. Die Geldstrafe entspricht 50 Tagessätzen zu je 50 Euro.

"Dieses Urteil ist ein Skandal"

Ebenfalls Kritik am Urteil übten Reporter ohne Grenzen (ROG). "Dieses Urteil ist ein Skandal. In vielen Ländern der Welt sind Journalisten willkürlichen Strafverfahren wegen Verleumdung ausgesetzt. Fast immer ist das ein Vorwand, um Pressefreiheit zu unterdrücken. Der Dresdner Prozess zeigt das gleiche Muster: Justizbehörden benutzen das Strafrecht gegen unliebsame Journalisten", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske.

Die beiden Journalisten hatten in einem Beitrag für "Zeit online" den Verdacht geäußert, Ermittlungen gegen einen hochrangigen sächsische Richter könnten unter anderem eingestellt worden sein, weil die Polizeibeamten mit disziplinarischen Schritten bedroht wurden. Dies sei ein versteckter Vorwurf, die Polizisten hätten sich zu einer Strafvereitelung im Amt bewegen lassen, sagte Richter Hermann Hepp-Schwab. Er sah darin eine "eine ehrabschneidende Äußerung zum Nachteil der Polizisten" und damit üble Nachrede.

Freispruch für weiteren Fall

Von Vorwürfen im Zusammenhang mit einem Bericht für das Nachrichtenmagazin "Spiegel" wurden die Journalisten dagegen freigesprochen. In dem Text war es unter anderem um zwei Richter gegangen, denen Kontakte zu einem Leipziger Kinderbordell unterstellt worden waren. Diese Behauptungen seien zwar ebenfalls ehrabschneidend, befand Hepp-Schwab. Der Artikel sei aber von einem anderen Journalisten verfasst worden. Eine Tatbeteiligung der Angeklagten sei nicht nachweisbar. Das Verfahren gegen diesen anderen Journalisten war schon vor einiger Zeit nach Zahlung einer Geldbuße und einer teilweisen Berichtigung im "Spiegel" eingestellt worden.

Die sogenannte Korruptionsaffäre war 2007 in Sachsen hochgekocht, als Details aus geheimen Akten des Verfassungsschutzes öffentlich wurden. Darin ging es um kriminelle Netzwerke, in die Justiz und Politik verstrickt gewesen sein sollen. Experten zufolgen waren diese Akten aber aufgebauscht worden. Die nachfolgenden Ermittlungen zu darin aufgelisteten Fällen brachten keine Ergebnisse. Mit den Vorgängen beschäftigt sich wie schon in der vergangenen Legislaturperiode ein Untersuchungsausschuss des Landtages.

"Wenn das Urteil Schule macht, besteht die Gefahr, dass auch andernorts versucht wird, kritisch und investigativ recherchierende Journalisten einzuschüchtern", erkläre DJV-Chef Michael Konken. In Anklage und Prozess seien völlig normale journalistische Arbeitsabläufe kriminalisiert worden.

Quelle: ntv.de, dpa

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