Neue Studie Motorradfahren immer sicherer
28.05.2014, 00:07 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Motorradfahrer rasen und sind eine Gefahr für sich und andere - so oder so ähnlich denkt manch ein Autofahrer. Doch eine neue Studie zeigt, dass die Biker nicht an allem schuld sind - und dass das Motorradfahren immer sicherer wird.
Das Motorrad kracht gegen das Heck des Kombis, schiebt sich unter die Stoßstange, die Hinterräder des Autos hängen für Sekundenbruchteile in der Luft. Glas splittert, als der Motorradfahrer mit dem Kopf voran in die Heckscheibe katapultiert wird. Dann liegt er mit unnatürlich verrenkten Gliedmaßen auf dem nassen Asphalt. Der Fahrer ist ein Dummy, der Unfall auf einer speziellen Crash-Test-Anlage gestellt. Es sei eine typische Unfallsituation, sagt Siegfried Brockmann. Er leitet die Unfallforschung der Versicherer, die eine neue Studie zu Motorradunfällen vorgestellt hat.
Demnach ist jeder zweite Unfall, den ein Motorradfahrer verursacht, ein sogenannter Unfall im Längsverkehr, also ein Auffahrunfall. Die Studie, die 194 schwere Motorradunfälle eines Jahres im Saarland genau untersucht hat, belegt aber auch, dass nicht immer nur die Zweiradfahrer die Verursacher sind. Jeder zweite Unfall mit Beteiligung eines Motorrades wird nicht vom Biker verursacht. Das bestätigt auch der Unfallforscher Matthias Haasper vom Essener Institut für Zweiradsicherheit. In 80 Prozent der Zusammenstöße von Motorradfahrern mit anderen Verkehrsteilnehmern sind Autos verwickelt. "In drei Viertel dieser Unfälle ist der Pkw-Fahrer der Verursacher."
Stimmt das Klischee vom rasenden Motorradfahrer also gar nicht? Etwas Wahres sei schon daran, räumt Brockmann ein. Denn wenn Motorradfahrer allein verunglücken, dann sind es meist junge Fahrer mit besonders kräftigen Maschinen von mehr als 100 PS. Das aggressive Design der Streetfighter- und Rennmaschinen sei sicherlich vor allem für junge Männer konzipiert, sagt der Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino vom ADAC. "Und dieses Design spricht diese Zielgruppe auch an." Chopper- und Tourenfahrer sind dagegen deutlich seltener in Unfälle verwickelt.
Zahl der getöteten Motorradfahrer sinkt
Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der getöteten Motorradfahrer- und Beifahrer in Deutschland von 945 auf 569 gesunken. Seit 1990 ist die Zahl der Verunglückten um mehr als 35 Prozent zurückgegangen, obwohl sich der Bestand an motorisierten Zweirädern verdreifacht hat. Brockmann sieht dennoch Handlungsbedarf. Die Motorräder würden ebenso wie die Autos immer stärker, sagte Brockmann. "Wo soll das hinführen?" Der Gesetzgeber sollte eingreifen, bevor die Motorräder über 200 PS hätten. Der Unfallforscher will aber noch mehr: Ein ABS, das erkennt, wie schräg die Maschine gerade steht; ein Abstandsradar, das den Fahrer warnt und durch stärkeren Widerstand am Gasgriff dazu auffordert, den richtigen Abstand einzuhalten.
Die Lieblingsstrecken der Motorradraser sollten mit Rüttelstreifen vor den Kurven entschärft werden, fordert Brockmann. Leitplanken sollten einen gefederten Unterfahrschutz haben. Und die Biker sollten regelmäßig zum Fahrtraining. In einem sind sich die Unfallforscher auf jeden Fall einig: Nicht die besonders schnittige Maschine sei schuld. Entscheidend bleibe der Fahrer. Der müsse die Maschine und sich selbst beherrschen.
Quelle: ntv.de, Matthias Benirschke, dpa