Panorama

"Den Hunden zum Fraß" Neuer Prozess um alte Leiche

Erschlagen, zerstückelt und an Hunde verfüttert - brutaler kann das Opfer eines Verbrechens kaum enden. Doch Überraschung: Jahre später taucht die Leiche eines 2001 verschwundenen Bauern wieder auf - unversehrt. Nun müssen die Richter wieder ran.

Das Fahrzeug, in dem zuvor die Leiche des Bauern gefunden wurde, wird aus der Donau bei Bergheim (Oberbayern) gezogen (Archivfoto vom 10.03.2009).

Das Fahrzeug, in dem zuvor die Leiche des Bauern gefunden wurde, wird aus der Donau bei Bergheim (Oberbayern) gezogen (Archivfoto vom 10.03.2009).

(Foto: dpa)

Es wurde viel spekuliert, auch von Kripobeamten, Staatsanwälten und sogar Richtern. Der Fall eines 2001 verschwundenen Bauern aus Neuburg an der Donau macht seit fast einem Jahrzehnt Schlagzeilen. Erst hieß es, seine Angehörigen hätten den Mann umgebracht und die zerstückelte Leiche den sieben Hofhunden zum Fraß vorgeworfen. Später war sogar davon die Rede, der Mann könnte als Schweinefutter geendet sein.

Seitdem der Tote im März 2009 aus einem in der Donau versenkten Auto geborgen wurde ist klar: nichts davon stimmt. Bislang ist noch nicht einmal bewiesen, ob es überhaupt ein Verbrechen gab, oder ob der Bauer nur bei einem tragischen Unfall starb. Vom 20. Oktober an rollt das Landgericht Landshut den Fall ganz neu auf.

Makabre Falschaussagen?

Angeklagt sind in dem Prozess die Ehefrau des Landwirts, seine beiden 2001 noch jugendlichen Töchter und der Freund der älteren Tochter. Das Landgericht Ingolstadt hatte sie fast vier Jahre nach dem Verschwinden des 52-Jährigen wegen Totschlags beziehungsweise Beihilfe durch Unterlassen verurteilt. Grundlage dafür waren die teils makabren Geständnisse, insbesondere des Mannes, während der Ermittlungen. Später wurden diese Aussagen allerdings allesamt widerrufen. Inzwischen sind alle vier Verurteilten wieder frei.

Ihre Verteidiger streben nun in den neuen Prozess Freisprüche an. Etwas anderes ist für Klaus Wittmann, den Anwalt der Witwe, gar nicht denkbar. "Ich frage mich, wo im Moment der hinreichende Tatverdacht ist", sagt er. "Diese ganzen Geständnisse sind null und nichtig, damit kann man nichts mehr anfangen."

Dass es überhaupt einmal objektiv falsche Geständnisse gab, die zur Theorie des "verfütterten Bauern" führten, erklärt Wittmann damit, dass die Beschuldigten intellektuell recht einfache Menschen seien. "Die Angeklagten waren über weite Teile der Vernehmungen ohne jeden rechtlichen Beistand", betont der Rechtsanwalt. "Die waren den Polizeibeamten sozusagen schon ausgeliefert, und da wurde natürlich Druck gemacht."

Überraschende Wende

Nach dem Verschwinden des Bauern im Oktober 2001 hatte die Polizei jahrelang ermittelt, auch ein Selbstmord oder ein Unfall schienen nicht ausgeschlossen. Dabei war immer wieder vermutet worden, dass der Mann mit seinem Auto in einem Weiher oder der Donau versunken sein könnte. Mehrfach gab es entsprechende Suchaktionen. Erst Anfang 2004 folgte die Festnahme der Verdächtigen.

Vier Jahre nach dem Urteil kam die Überraschung: Der Wagen mitsamt Leichnam wurde beim oberbayerischen Bergheim aus der Donau gezogen. Die Gerichtsmediziner konnten allerdings keine Todesursache feststellen. Nun folgte ein juristisches Tauziehen, an dessen Ende feststand, dass eine neue Hauptverhandlung notwendig wird.

Die Richter aus Landshut werden zu klären versuchen, was wirklich geschah. Anwalt Wittmann glaubt, dass es letztlich gar nicht um einen echten Kriminalfall geht. Er geht schlicht von einem Unfall nach einem Kneipenbesuch des 52-Jährigen aus: "Ich halte es für eine realistische Möglichkeit, dass er sich betrunken hat und dann mit seinem Auto in die Donau gerollt ist."

Quelle: ntv.de, Ulf Vogler, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen