Amoklauf-Ankündigung Offenbar ein Fake
12.03.2009, 18:50 UhrTim K. hat seinen Amoklauf offenbar doch nicht im Internet angekündigt. Die Annahme der Ermittler, die Ankündigung der Bluttat in einem Internet-Chat sei auf dem Computer des 17-Jährigen geschrieben worden, habe sich als falsch herausgestellt, sagte ein Sprecher der Polizei Waiblingen am Abend. Es gebe derzeit keinen Beweis, dass Tim K. diesen Eintrag selbst verfasst habe.
Zuvor hatte die angebliche Ankündigung des Amoklaufes im Internet unter Nutzern Diskussionen über die Echtheit des Eintrags ausgelöst. Die Ankündigung sei ein Fake, schrieb ein User an n-tv.de und verwies auf den Blog unkreativ.net.
Die Seite krautchan.net, auf der der Amokläufer Tim K. seine Ankündigung gepostet haben soll, ist nicht mehr erreichbar. Auf der stattdessen geschalteten Seite heißt es: "Leider wird unser winziger Server mit dem momentanen Ansturm nicht fertig. Es gibt allerdings auch gar nichts zu sehen, da die deutsche Presse sich bedauerlicherweise (vermutlich nicht zum ersten Mal) von einer Fälschung hat täuschen lassen. Hier wurde kein Amoklauf angekündigt, es gibt hier nur Leute, die mit Photoshop umgehen können."
Drei Gründe
Unkreativ.net verweist auf den Blog "Bangers Welt", auf dem drei Gründe für die Fälschungsthese genannt werden: Der Beitrag sei nicht in einem Chat geschrieben worden, sondern in einem Imageboard, bei denen das "'kreative Nachbearbeiten' von Fotos, Screenshots und dergleichen" zum Tagesprogramm gehöre. Zudem sei "Bernd" - der Adressat der Amok-Ankündigung - die deutsche Entsprechung von "Anonymous", einer Gruppe von Internet-Aktivisten. Das dritte Argument schließlich bezieht sich auf den Ausdruck "grillen gehen" aus der Amok-Ankündigung. Dies sei "in deutschen Imageboards ein Synonym für Suizid".
Ein Nutzer der Seite krautchan.net sagte der Deutschen Presse-Agentur, auf dieser Seite würde "Bernd" als Codename für alle Nutzer gebraucht, um die Anonymität zu wahren. "Also werden mit Bernd alle Forumsnutzer angesprochen."
"Zweifelsfrei echt"
Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) hatte zuvor gesagt, die Ankündigung im Internet sei zweifelsfrei echt, die Ermittler hätten entsprechende Daten auf dem PC des Amokläufers gefunden. Zudem hatte ein 17 Jahre alter Jugendlicher aus Bayern den Eintrag in der Nacht gesehen, aber zunächst nicht ernst genommen. Nach der Tat informierte er seinen Vater, dieser ging dann laut Rech zur Polizei.
Auf der Seite krautchan.net heißt es dagegen: "Was man übrigens auf dem PC des Täters gefunden haben will, wissen wir nicht. Vielleicht hat er die Site mal besucht, den durch die Presse gegangenen Beitrag hat er jedenfalls nicht verfasst, denn der hat nie existiert."
Die Polizei Waiblingen und die Staatsanwaltschaft Stuttgart teilten am Abend mit, derzeit würden Zeugen vernommen, die den Chat-Eintrag gesehen haben wollen. Entscheidend sei, wann genau sie ihn gesehen hätten, sagte der Polizeisprecher. Die Behörden haben nach eigenen Angaben außerdem eine Anfrage bei dem Betreiber des Servers in den USA veranlasst. Dadurch könnte womöglich geklärt werden, wann der Eintrag auf der Seite verfasst wurde.
Quelle: ntv.de