Nach Flucht durch Mauerloch Polizei fasst "Taximörder"
09.05.2011, 17:30 UhrEs ist eine spektakuläre, aber kurze Flucht: Trotz Fußfessel entkommt der Taximörder vom Bodensee aus einer Psychiatrie bei Heidelberg. Die Polizei sucht mit einem Großaufgebot nach ihm. Dann schnappt sie ihn nur wenige Kilometer entfernt auf einem Fahrrad.
Erleichterung nach dem Schock: Nur gut einen Tag nach seiner spektakulären Flucht aus einer geschlossenen Psychiatrie ist der "Taximörder" vom Bodensee gefasst. Die Polizei ergriff den 29-Jährigen Andrej W. am späten Sonntagabend in Zuzenhausen - kaum zehn Kilometer entfernt von seinem Ausbruchsort bei Heidelberg. Zivilpolizisten erkannten ihn auf einem Fahrrad und stellten ihn nach kurzer Verfolgungsjagd, teilte das Landeskriminalamt in Stuttgart mit.
Der zu lebenslanger Haft verurteilte Straftäter war am Samstag aus dem Hochsicherheitstrakt einer geschlossenen Psychiatrie in Wiesloch bei Heidelberg ausgebrochen. Er entkam dabei nach Angaben der Polizei an einer Baustelle durch ein Loch in der Gefängnismauer. Zuvor war er während seines Hofganges auf die Toilette gegangen und hatte dort seine Fußfessel mit einem etwa drei Zentimeter langen Nagel geöffnet, der in der Kordel seiner Jogginghose versteckt war. Mit Hilfe einer ausgehängte Klotür kletterte er dann über eine erste, vier Meter hohe Mauer. Das Baustellenloch in der zweiten, fünf Meter hohen Mauer, ermöglichte dem Gewalttäter schließlich die Flucht.
Vor knapp einem Jahr hatte der Mann eine Taxifahrerin am Bodensee umgebracht. Eine weitere vergewaltigte und verletzte er schwer. Wegen erheblich verminderter Schuldfähigkeit wurde er im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) untergebracht. Weil der jungenhaft wirkende 29-Jährige als extrem gewaltbereit gilt, hatten für ihn höchste Sicherheitsmaßnahmen gegolten.
Anfang Februar war er zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein Gutachter hatte ihm schwere Persönlichkeitsstörungen bescheinigt, darunter krankhafte Sexualvorstellungen und Nekrophilie. Unter Nekrophilie versteht man die Neigung, sich an einer Leiche sexuell zu befriedigen.
"Wir waren alle schockiert"
Am Bodensee herrschte am Montag in erster Linie Erleichterung: "Wir mussten davon ausgehen, dass der "Taximörder" sich ein neues Opfer sucht", sagte ein Sprecher der Polizei Friedrichshafen. Allein im Bodenseekreis seien rund 40 Beamte zusätzlich im Einsatz gewesen. Sämtliche Bezugspersonen und Taxiunternehmen seien gewarnt worden. "Das hätte nicht passieren dürfen. Wir waren alle schockiert", sagte Vera Scharping, Taxiunternehmerin aus Singen.
Nach Polizeiangaben verletzte sich Andrej W. während der Flucht leicht und wurde zunächst unter strenger polizeilicher Bewachung in einer Heidelberger Klinik untersucht. Nach Angaben von Polizeisprecher Harald Kurzer war der 29-Jährige auf seiner Flucht sehr professionell vorgegangen. So habe er auf der Suche nach Essen und neuer Kleidung sechs Gartenlauben im wenige Kilometer entfernten Baiertal aufgebrochen.
50 Beamte waren rund um Wiesloch im Einsatz - unterstützt von Hubschraubern, Wärmebildkameras und Hunden. Die Suche in der Region war schwierig, weil großflächige Waldgebiete zahlreiche Verstecke bieten. Zwei Zivilpolizisten entdeckten Andrej W. schließlich gegen 22.35 Uhr am Sonntag an einer Straße - auf einem gestohlenen Rad radelnd. Zwar misslang zunächst der Versuch, ihm den Weg abzuschneiden. Nach kurzer Verfolgungsjagd rammten ihn die Beamten dann mit dem Auto und nahmen ihn fest.
Quelle: ntv.de, dpa