Panorama

Hells Angels im VisierPolizei schlägt härtere Gangart an

13.12.2010, 13:58 Uhr

Drogen, Prostitution, Waffen- und Menschenhandel, auch Mord und Totschlag: Die Liste der Straftaten der Hells Angels ist lang. Um der Lage Herr zu werden, geht die Polizei jetzt verschärft gegen die berüchtigte Rockergruppe vor.

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hells (Foto: REUTERS)

Bisher war die gewalttätige Rockerbande Hells Angels nicht unter Kontrolle zu bringen. Schwerste Straftaten gehen auf ihr Konto. Aus Sorge um eine Eskalation in einem Bandenkonflikt

folgte im Morgengrauen eine Razzia: 22 Wohnungen und vier weitere Gebäude der Hells

Angels in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern wurden durchsucht. Mehr

als 900 Polizeibeamte und acht Staatsanwälte waren am Montag im Einsatz. Verdacht:

Ein Mordanschlag als Racheakt wegen eines Streits mit einem verfeindeten Club sei

geplant.

Ein solches Aufgebot gegen

Rocker hat es in Baden-Württemberg noch nicht gegeben. Die Polizei greift offenbar

härter durch, um die Bande endlich unter Kontrolle zu bringen. Hintergrund der Aktion

ist eine brutale Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern der Hells Angels und der

Türstehervereinigung United Tribuns Ende November in Pforzheim. Dabei waren mindestens

drei Bandenmitglieder verletzt worden, ein Hells-Angel erlitt schwere Verletzungen

durch einen Messerstich.

Weltweit mächtigster Rockerklub

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Beschlagnahmte Waffen der Rockergruppe in der Asservatenkammer des Polizeipräsidiums in Kassel. (Foto: dpa)

Das Innenministerium von

Baden-Württemberg wollte sich zur Razzia nicht äußern, verwies aber auf eine seit

2004 bestehende Konzeption zur Bekämpfung der Rockerkriminalität. "Der Erfolg

in Pforzheim gibt uns Recht", sagte eine Ministeriumssprecherin in Stuttgart.

Die Hells Angels gelten

als mächtigster und mitgliederstärkster Rockerklub der Welt. Gewalttätige Auseinandersetzungen

mit verfeindeten Rockergruppen und Ermittlungen wegen Drogen- und Waffengeschäften

bringen die "Höllenengel" immer wieder in die Schlagzeilen. In spektakulären

Prozessen wurden etliche Bandenmitglieder ins Gefängnis geschickt.

Die Hells Angels wurden

1948 von Kriegsveteranen in Kalifornien gegründet, der Name stammt von einer Bomberstaffel.

Ihr Emblem ist der geflügelte Totenkopf. Aus der Gruppe von Harley-Davidson-Fans

wurde eine straff geführte, weltweite Organisation mit Mitgliedern in rund 30 Ländern.

Der erste deutsche Ableger entstand 1973. Regional wurden sie verboten, etwa in

Hamburg.

Das Bundeskriminalamt geht

von bundesweit etwa 90 kriminellen Rockerbanden aus. Im vergangenen Jahr ermittelten

die Behörden gegen etwa 880 Verdächtige der Rockerszene vor allem wegen Körperverletzungen,

Erpressungen und Bedrohungen. Auch drei Tötungsdelikte aus der Szene wurden 2009

registriert.

Weitreichender Einfluss

In Baden-Württemberg gibt

es vier größere Rockergruppierungen: der Gremium MC mit 390 Mitgliedern, der Hells

Angels MC mit 250 Mitgliedern, der Outlaws MC mit 140 Mitgliedern und der Bandidos

MC mit 20 Mitgliedern. Aussagen zur Mitgliederentwicklung sind wegen der "Abschottungsmechanismen"

innerhalb der Gruppen nicht möglich, sagte die Sprecherin von Rech weiter.

Bundesweit rechnen Sicherheitsbehörden mit einer Zunahme gewalttätiger Auseinandersetzungen,

antwortete Rech jüngst auf eine FDP-Landtagsanfrage. Verbote von Rockergruppierungen

und ein erschwerter Zugang zu legalen Schusswaffen für deren Angehörige würden intensiv

geprüft.

Der Einfluss der Rocker

reicht offenbar bis weit nach oben - zumindest in Hessen. Eine Großrazzia gegen

die Hells Angels am vergangenen Freitag brachte die Gewissheit, dass die Rockergruppe

Informanten bei der hessischen Polizei hat. Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU)

sagte: "Die Sachverhalte sind klar und ziemlich eindeutig." Fünf Beamte

sind suspendiert, weil sie entweder mit Informationen oder Drogen gehandelt haben

sollen.

Quelle: Tatjana Bojic, dpa