Hitzedrama bei der Bahn Reisende kollabieren im ICE
11.07.2010, 18:52 Uhr
Rettungskräfte versorgen eine kollabierte Schülerin in Bielefeld.
(Foto: dpa)
Mehrere ICE-Züge von und nach Berlin müssen wegen ausgefallener Klimaanlagen und Überhitzung gestoppt werden. Schüler brechen auf dem Rückweg von ihrer Klassenfahrt nach Berlin in einem Intercity-Express zusammen. Neun Jugendliche kommen ins Krankenhaus. Die Bahn räumt technische Probleme ein und spricht von bedauerlichen Ausnahmen.

Blick auf den Berliner Hauptbahnhof.
(Foto: picture alliance / dpa)
Weil die Klimaanlage ausfiel, sind etliche Schüler auf dem Rückweg von ihrer Klassenfahrt in einem ICE zusammengebrochen. In dem Zug von Berlin ins Rheinland herrschten Insassen zufolge Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad - die "Bild"-Zeitung berichtet von 70 Grad! Mehrere Schüler und ältere Menschen erlitten einen Hitzekollaps und lagen dehydriert in den Gängen. Eine verzweifelte Mutter versuchte, eine Fensterscheibe einzuschlagen. Bahnchef Rüdiger Grube entschuldigte sich telefonisch bei Schülern und Lehrern und drückte sein Bedauern aus.
Mehrere Klassen des Gymnasiums im rheinländischen Willich und einer Gesamtschule in Remscheid hatten Berlin besucht - insgesamt 59 Schüler und fünf Lehrer. Schon kurz nach der Abreise am Samstag sei die Klimaanlage in dem ICE aufgefallen, berichtete die Schulleiterin des Gymnasiums in Willich nach Gesprächen mit Augenzeugen. Das Bahnpersonal habe die Schüler mit Getränken versorgt und in die erste Klasse gelassen. Doch auch dort versagte die Lüftung.

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In Hannover seien die Schüler in einen anderen ICE umgestiegen, der überfüllt war - und mit ebenfalls defekter Air-Condition. Auf dem Weg bis zum nächsten Stopp in Bielefeld sei die Situation nach Aussagen der Rektorin dann sehr schwierig geworden. Mitreisende Lehrer beschieben, dass mehrere ältere Menschen zusammengebrochen seien und in den Gängen lagen. Eine Mutter habe fast die Nerven verloren und in Panik und Verzweiflung versucht, ein Fenster mit dem Nothammer einzuschlagen, weil ihr kleiner Sohn nach Atem rang.
"Wie in einer Sauna"
Auch den Schülern sei es zunehmend schlechter gegangen. "Das war wie in einer Sauna. Fünf Minuten später wären bestimmt alle kollabiert", zitiert das "Westfalen-Blatt" den 16-jährigen Bastian. Vom Zug aus wurden die Rettungskräfte in Bielefeld alarmiert. Einige Sanitäter, die zu den Schulklassen gehörten, hatten zuvor im Zug schon Erste Hilfe geleistet, als Mitschüler hyperventilierten.
Am Hauptbahnhof Bielefeld wurde der Zug gestoppt. 91 Rettungskräfte waren im Einsatz, neun Jugendliche wurden ins Krankenhaus gebracht, einige erhielten Infusionen. Insgesamt wurden 27 Schüler medizinisch versorgt.
Bahn bietet Entschädigung an
Die Bahn räumte technische Probleme ein, betonte jedoch, dass es sich um bedauerliche Ausnahmen handele und bot den Betroffenen eine Entschädigung an. Bahn-Sprecher Jürgen Kornmann sprach von insgesamt drei ICE von Berlin Richtung Köln, die am Samstag in Hannover oder Bielefeld wegen Überhitzung aus dem Verkehr gezogen wurden. Rund 1000 Fahrgäste insgesamt seien betroffen worden.
"Leider haben einzelne Fahrgäste durch die bedauernswerte Verkettung unglücklicher Umstände auch gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten. Dafür möchten wir uns ausdrücklich entschuldigen", erklärte Ulrich Homburg, Vorstand Personenverkehr der Deutschen Bahn. "Wir wollen diese Kunden für die erlittenen Unannehmlichkeiten entschädigen und bitten sie, sich bei uns zu melden."
In den modernen Zügen lassen sich die Fenster nicht öffnen. Schon im Hitze-Sommer 2003 brachen bei dem damals recht neuen ICE 3 die Klimaanlagen regelmäßig zusammen. Es gab Probleme mit Luftfiltern, die schnell verschmutzten und so verstopften, so dass die Klimaanlage erst weiter hochfuhr und sich dann abschaltete.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP