Panorama

Verdeckte Dreharbeiten im Waisenhaus Türkei klagt "Fergie" an

Ferguson wird vorgeworfen, die Aufnahmen ohne Genehmigung und mit versteckter Kamera gemacht und veröffentlicht zu haben.

Ferguson wird vorgeworfen, die Aufnahmen ohne Genehmigung und mit versteckter Kamera gemacht und veröffentlicht zu haben.

(Foto: REUTERS)

Neuer Wirbel um "Fergie": Sarah Ferguson, Herzogin von York, ist in der Türkei wegen eines mit versteckter Kamera gedrohten Films angeklagt. Sie soll sich wegen einer Verletzung der Privatsphäre von fünf Kinder verantworten. Der Staatsanwalt fordert mehr als 20 Jahre Haft..

Vernachlässigt, in Lumpen, gefesselt - Filmaufnahmen, die ein Videoteam um Herzogin Sarah "Fergie" Ferguson in einem türkischen Waisenhaus gemacht hat, sorgten 2008 für Schlagzeilen und diplomatische Verstimmungen. Für die Ex-Frau des britischen Prinzen Andrew sollen die Bilder nun ein Nachspiel haben: Ein Staatsanwalt in Ankara hat Ferguson wegen Verletzung der Privatsphäre von fünf Kinder angeklagt. Er fordert 22 Jahre und sechs Monate Haft.

Mit einem britischen Journalisten war Ferguson nahe Ankara in ein staatliches Pflegeheim gekommen. Das Team fand behinderte Kinder, die angebunden waren oder den ganzen Tag in ihren Betten liegen mussten. Die Aufnahmen waren so wohl nur möglich, weil das Team eine versteckte Kamera benutzte. Ferguson soll allerdings - so berichteten es damals türkische Zeitungen - Spenden angeboten haben. Sie habe dafür Heime in Augenschein nehmen wollen, deren Lage besonders schlecht sei. Die Herzogin war bei dem Besuch mit schwarzer Perücke und einem grünen Kopftuch verkleidet.

Die Zustände in türkischen Heimen haben in den vergangenen Jahren schon mehrfach türkische Gerichte beschäftigt. Vor etwa sechs Jahren mussten die Behörden in einem anatolischen Kindergarten einschreiten. Ein Fernsehsender hatte dokumentiert, dass Kinder, die sich in die Hose gemacht hatten, zur Strafe ihre Exkremente ablecken mussten. 15 Kindergärtnerinnen wurden zu bis zu vier Jahren Haft verurteilt.

Energische Proteste aus Ankara

Die Ex-Frau des britischen Prinzen Andrew bei einer SOS-Kinderdörfer-Veranstaltung in den USA. (Archivfoto vom 23.10.2003)

Die Ex-Frau des britischen Prinzen Andrew bei einer SOS-Kinderdörfer-Veranstaltung in den USA. (Archivfoto vom 23.10.2003)

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Und auch nach "Fergies" Film wurde ein Fall öffentlich. In einem Behindertheim in Istanbul hatte Pflegepersonal Kinder und Jugendliche geschlagen, mit kaltem Wasser abgespitzt und Zigaretten auf ihrer Haut ausgedrückt. Eine Reinigungskraft hatte dies 2009 mit dem Mobiltelefon aufgenommen und dem türkischen Gesundheitsministerium zugeleitet. "Folter-Skandal", berichteten türkische Medien. Ein Staatsanwalt forderte bis zu 32 Jahre Haft für die Angeklagten.

Nach der Veröffentlichung der Aufnahmen, die das Team um "Fergie" gemacht hatte, hat die türkische Regierung eine Kontrolle in Waisenhäusern angeordnet. Zugleich protestierte Ankara aber energisch gegen die Arbeitsweise der Journalisten. Vielleicht habe Ferguson die Kinder ja selbst angebunden, behauptete eine Regierungsvertreterin damals sogar. Dieser Vorwurf war völlig haltlos, zeigt aber, dass die Nerven in Ankara blank lagen. Ankara warf "Fergie" eine Schmutzkampagne vor, die den EU-Beitritt des Landes erschweren solle.

Staatsanwaltschaft fordert 22 Jahre Haft

Die Staatsanwaltschaft in Ankara erhob nun Anklage gegen die prominente Britin wegen der Verletzung der Persönlichkeitsrechte von fünf Kindern, die in den Aufnahmen zu sehen waren. Die Behörde forderte eine Haftstrafe von 22 Jahren und sechs Monaten. Wann der Prozess beginnen soll, blieb zunächst unklar. Ferguson dürfte ohnehin nicht vor Gericht erscheinen. Die von der Türkei geforderte Auslieferung der Herzogin hatte die britische Regierung im Jahr 2009 abgelehnt. Die Türkei warf Fergie vor, das internationale Image der Türkei in den Schmutz ziehen zu wollen.

Ein Sprecher der Herzogin zeigte sich nach Bekanntwerden der türkischen Anklage überrascht von der neuen Wendung. Ferguson habe in dem Fall stets mit den türkischen und britischen Behörden zusammengearbeitet und sei nach Unterrichtung durch das britische Innenministerium davon ausgegangen, dass die Angelegenheit erledigt sei.

"Zu einer Zeit, in der die britische Regierung den EU-Beitritt der Türkei befürwortet, handelt es sich um ein Thema von öffentlichem Interesse", rechtfertigte der britische Fernsehsender ITV die Aktion seines Journalisten. Ob die Türkei einen Auslieferungsantrag gestellt hat und Ferguson damit zum Prozess in die Türkei holen will, wollte das Innenministerium in London nicht kommentieren. Man gebe über Auslieferungsanträge grundsätzlich keine Auskunft, erklärte ein Sprecher. "Es wäre zu früh und nicht angebracht, derzeit über einen möglichen Ausgang zu spekulieren."

Ferguson war von 1986 bis 1996 mit Prinz Andrew verheiratet, dem zweitgeborenen Sohn der britischen Königin Elizabeth II. Sie hatte in den vergangenen Jahren mehrmals mit peinlichen Auftritten für Aufsehen gesorgt und war mindestens einmal selbst Opfer von Aufnahmen mit versteckter Kamera: Vor zwei Jahren wurde sie heimlich dabei gefilmt, wie sie einem Journalisten des inzwischen eingestellten Boulevardblattes "News of the World" anbot, ihm für umgerechnet 600.000 Euro Zugang zu Prinz Andrew zu verschaffen.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen