"Wir sind entgleist! Was können wir tun?" Viele Tote bei Zugunglück in Spanien
24.07.2013, 22:31 Uhr
Einige Waggons prallten gegen eine Mauer, andere verkeilten sich.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ein Personenzug springt bei Santiago de Compostela in einer engen Kurve aus den Schienen. Anwohner und Helfer holen Dutzende Tote und Verletzte aus den Waggons. Das spanische Innenministerium geht von einem Unfall aus: Die Kurve gilt als problematisch - und der Zug war schnell.
Bei einer der schlimmsten Katastrophen in der spanischen Eisenbahngeschichte sind mehr als 60 Menschen in den Tod gerissen worden. Rettungskräfte sprechen zudem von mindestens 140 Verletzten. Ein Schnellzug war drei Kilometer vor dem Bahnhof der Pilgerstadt Santiago de Compostela im Nordwesten des Landes in einer Kurve aus den Schienen gesprungen und umgestürzt.
Alle 13 Waggons des Zuges wurden auseinandergerissen und entgleisten. Einige Wagen prallten neben den Gleisen gegen eine Mauer und stürzten um, andere Waggons verkeilten sich ineinander. Ein Wagen flog sogar über die Begrenzungsmauer hinweg.
Einige Anwohner wollten kurz vor dem Entgleisen des Zuges einen lauten Knall oder eine Explosion gehört haben. Gleich nach dem Unglück stieg eine Rauchwolke über der Unfallstelle auf. Das spanische Innenministerium schloss es jedoch aus, dass ein Terroranschlag die Ursache der Katastrophe gewesen sein könnte.
Mit Tempo in die Katastrophe
Die beiden Lokführer überstanden das Unglück unverletzt. Einer von ihnen soll nach Informationen der Zeitung in einem Gespräch mit seinen Vorgesetzten immer wieder in sein Handy gerufen haben: "Wir sind entgleist! Was können wir tun?" Die Ermittler der Polizei deuteten an, dass eine überhöhte Geschwindigkeit eine der möglichen Unglücksursachen gewesen sein können. Medienberichten zufolge fuhr der Zug mehr als doppelt so schnell wie erlaubt.
Die Katastrophe ereignete sich auf einem Neubau-Abschnitt des Hochgeschwindigkeitsnetzes der spanischen Bahn. Die Kurve an der Unglücksstelle ist relativ eng. Experten hatten bei der Planung der Strecke darauf hingewiesen, dass die Kurve "problematisch" sei.
Der Unglückszug war vom Typ Alvia. Die Züge dieser Art erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 250 Stundenkilometer. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl auf der europäischen Normalspur des Hochgeschwindigkeitsnetzes als auch auf den traditionellen spanischen Breitspurgleisen fahren können.
Der Unglückszug war auf der Fahrt von Madrid zur Küstenstadt El Ferrol im Nordwesten Spaniens gewesen. Es waren mehr als 200 Fahrgäste an Bord. In diesen Tagen sollte in Santiago de Compostela ein großes Fest zu Ehren des Heiligen Jakobs stattfinden. Die Stadt sagte die Feierlichkeiten, die das wichtigste Fest des Jahres in der Pilgermetropole sein sollten, aufgrund des Zugunglücks nun vollständig ab.
Worte der Verbundenheit
Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy sprach den Opfern und ihren Angehörigen sein Beileid aus. "Ich möchte den Opfern des fürchterlichen Zugunglücks in Santiago meine Zuneigung und Verbundenheit ausdrücken", erklärte er. Zudem kündigte der Ministerpräsident an, die Unglücksstelle zu besuchen.
Papst Franziskus rief in Brasilien, wo er sich seit Montag aufhält, zum Gebet für die Opfer des Unglücks auf. Das Kirchenoberhaupt sei "den Familien in ihrem Schmerz nahe", sagte Vatikansprecher Federico Lombardi in Rio de Janeiro, wo derzeit der katholische Weltjugendtag stattfindet.
Quelle: ntv.de, dpa