"Zwölf Stämme"-Mitglied vor Gericht Zeuge bestätigt Sekten-Gewalt gegen Kinder
16.11.2015, 15:11 Uhr
Der Angeklagte soll mehrfach Minderjährige mit einer Rute geprügelt haben
(Foto: dpa)
Sie sehen sich selbst als wahre Christen, doch vor Gewalt gegen Kinder schrecken Mitglieder der christlichen Sekte "Zwölf Stämme" offenbar nicht zurück. Bei einem Prozess wegen Kindesmisshandlung berichtet ein Zeuge von der alltäglichen Züchtigung.
Im Strafprozess gegen ein Mitglied der umstrittenen Sekte "Zwölf Stämme" hat ein Zeuge von regelmäßigen Prügelstrafen gegen Minderjährige berichtet. Die Sektenmitglieder hätten den Kindern "so, wie sie gerade lustig waren, auf den Hintern gehauen", sagte der 23-Jährige vor dem Amtsgericht Nördlingen. Angeklagt ist ein 54-Jähriger, der den Zeugen als Schüler mit einer bis zu 1,20 Meter langen Rute gezüchtigt haben soll.
Der Schüler soll zum Zeitpunkt der Misshandlungen etwa 14 Jahre alt gewesen sein. Er erklärte vor Gericht, damals von dem Angeklagten geprügelt worden zu sein. Zu Beginn des Verfahrens stellten die Verteidiger mehrfach Anträge: Neben Beratungspausen verlangten sie die Einstellung des Verfahrens und deuteten an, dass sie die Richterin eventuell für befangen halten.
Dutzende Kinder aus Sekte geholt
Ein Gespräch hinter verschlossenen Türen zwischen den beiden Anwälten, dem Staatsanwalt und der Richterin verlief ergebnislos. Schließlich startete das Verfahren doch mit der Anklageverlesung und einer Zeugenvernehmung. Insgesamt sind wegen der Vorwürfe drei Männer angeklagt. Die Verfahren gegen die 43 und 57 Jahre alten Mitbeschuldigten wurden jedoch abgetrennt und sollen später verhandelt werden.
Bereits in der Vergangenheit gab es einzelne Strafverfahren gegen Mitglieder der Glaubensgemeinschaft, die mit Verurteilungen endeten. Wegen Prügelvorwürfen holte die Polizei im September 2013 rund 40 Kinder aus den Gemeinschaften der Sekte im schwäbischen Deiningen und im mittelfränkischen Wörnitz. Die Eltern wehrten sich vor den Familiengerichten gegen die Wegnahme ihrer Töchter und Söhne. Ein Teil dieser Verfahren beschäftigt die Gerichte bis heute.
Quelle: ntv.de, shu/dpa