Panorama

Säure-Tanker kentert auf dem Rhein Zwei Schiffsleute werden vermisst

Eine Umweltkatastrophe bleibt dem Rhein nach dem Unglück eines mit Schwefelsäure beladenen Tankers wohl erspart. Laut Umweltministerium tritt keine Säure aus. Der Unfall könnte aber tödliche Folgen haben. Zwei Besatzungsmitglieder werden vermisst.

"Einfach vom Radar verschwunden" - die "Waldhof" treibt im Rhein.

"Einfach vom Radar verschwunden" - die "Waldhof" treibt im Rhein.

(Foto: dapd)

Nach dem Kentern eines Schwefelsäure-Tankers auf dem Rhein suchen Rettungskräfte weiter mit Hochdruck nach zwei vermissten Männern. "Die Suche ist bisher ergebnislos und geht intensiv weiter", erklärte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei an der Unglücksstelle bei Sankt Goarshausen nahe der Loreley.

Zunächst hatte es aus dem rheinland-pfälzischen Umweltministerium geheißen, dass eine geringe Menge Salzsäure ausgetreten sei. Dies habe sich nun doch nicht bestätigt, der Rumpf des Schiffes sei intakt, teilte eine Sprecherin mit. Die doppelwandige "Waldhof" war mit rund 2200 Tonnen Schwefelsäure beladen, die von Ludwigshafen ins belgische Antwerpen transportiert werden sollten.

Unglücksursache noch nicht geklärt

Die Rettungskräfte sind noch immer im Einsatz.

Die Rettungskräfte sind noch immer im Einsatz.

(Foto: dpa)

Völlig unklar blieb zunächst, wie der rheinabwärts fahrende Tanker kentern konnte. Am Unfallort habe es keine Gefahrenstelle gegeben, unterstrich der Polizeisprecher. "Das Schiff war zunächst ganz normal auf dem Radar zu sehen und dann plötzlich verschwunden."

Nach dem Unglück waren zwei der vier Besatzungsmitglieder aus den Fluten gerettet worden, beide wurden laut Polizei mit leichten Blessuren ins Krankenhaus gebracht. Bei der Suche nach den beiden Vermissten kam zeitweise auch ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera zum Einsatz.

Um ein Abtreiben des gekenterten Schiffes zu verhindern, wurde die "Waldhof" mit anderen Schiffen auf dem Rhein vertäut. Der Rhein blieb im weiteren Unglücksbereich zunächst weiter gesperrt.

Schiff liegt ungünstig

Die Helfer überlegten, wie sie das 110 Meter lange Schiff und seine 2378 Tonnen schwere Ladung bergen können. "Das Schiff liegt in einer außerordentlich ungünstigen, schwierigen Lage", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der sich am Ort ein Bild machte. Weil es auf der Backbordseite liege, komme man an wichtige Anschlüsse und Ventile nicht heran. Dennoch werde überlegt, kleine Mengen Säure abzupumpen.

Schwefelsäure dieser Konzentration habe die Eigenschaft, "dass sie in Verbindung mit Wasser reagiert, dass es zu einer sehr hohen Temperatur kommt, und dass innerhalb von Stunden - je nach Stabilität und Massivität der Stähle - sowohl Tanks als auch Außentanks durchfressen werden und die Ladung dann in den Rhein gelangen würde", sagte der Regierungschef. In diesem Fall würde die Außenhaut nicht mehr zusammenhalten und eine Bergung wäre damit vermutlich unmöglich.

Vermisste in einer Luftblase?

Auf die Frage, ob einer der beiden Vermissten in einer Luftblase im Schiffsrumpf überlebt haben könne, sagte Beck, dies könne man mit sehr empfindlichen Geräten feststellen. Bei der Suche bereitete den Helfern unter anderem die Wassertemperatur im Rhein Sorge: Bei einer Lufttemperatur von etwa zwölf Grad ist das Wasser nach Angaben des Bingener Wasser- und Schifffahrtszentrums lediglich 4,1 Grad kalt.

Das insgesamt 3400 Tonnen schwere Tankmotorschiff lag so, dass große Teile des Steuerhauses, der Wohnung und der Laderäume versunken waren. Unter anderem suchten Boote, Taucher und ein Hubschrauber mit einer Wärmebildkamera nach den Vermissten. Ihre verletzten Kollegen wurden im Krankenhaus versorgt, es ging ihnen laut Polizei den Umständen entsprechend gut. Die Männer, darunter einer der Schiffsführer, hatten starke Unterkühlungen.

Wieso der Frachter verunglückte, war zunächst unklar. Beck sagte, nach bisheriger Erkenntnis habe sich die aus Deutschen bestehende Mannschaft korrekt verhalten. "Das Schiff war normal in Fahrt und ist plötzlich vom Radarschirm verschwunden", sagte der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen, Martin Mauermann. "Es ist keine Beteiligung eines anderen Schiffes dabei gewesen."

Rhein bis auf Weiteres gesperrt

Das deutsche Schiff hatte seine Fahrt bei der BASF in Ludwigshafen begonnen und war rheinabwärts ins belgische Antwerpen unterwegs. Der Rhein sollte bis auf Weiteres gesperrt bleiben. "Bei der Bergung sind wir bei weitem noch nicht", betonte Mauermann. Nun sei es das Wichtigste, das Wrack zu sichern. Nach den Plänen der Feuerwehr soll das Schiff an einem Ponton festgemacht werden.

Schwefelsäure zählt zu den aggressivsten Säuren und ist einer der wichtigsten Grundstoffe für die chemische Industrie. Sie wird beispielsweise zur Herstellung von Düngemitteln, Waschmitteln, Arzneimitteln und Sprengstoffen verwendet. Der Stoff sei weder brennbar noch explosiv und sehr leicht mit Wasser mischbar, sagte Gerd Holzhäuser von der Feuerwehr: "Hier käme uns der Hochwasserstand zugute." Nach den Worten einer BASF-Sprecherin werde die 96-prozentige Säure als schwach wassergefährdend eingestuft.

Sollte das Schiff auseinanderbrechen, wird es nach Auskunft des Chemikers Martin Keller von der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz problematisch. Wenn die gesamte Ladung auf einmal austrete, würde sich das Wasser sehr schnell und sehr stark erhitzen. "Das könnte dazu führen, dass der Rhein an dieser Stelle sogar kocht."

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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