Bahnchef Grube treibt S21 voran Beraterfirma ist für Kombibahnhof
25.08.2011, 07:41 Uhr
Bahnchef Grube will keine weiteren Bauverzögerungen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Beim Bau des umstrittenen Bahnprojekts Stuttgart 21 will Bahnchef Grube mit dem Abriss des Südflügels unter Umständen warten. Dem Kompromissvorschlag des Schlichters Heiner Geißler erteilt er eine Absage. In einem "Faktencheck" wirft die Beraterfirma SMA der Bahn jedoch schlechtes Arbeiten vor - und spricht sich im Gegensatz zu Grube für die Kombination aus Tief- und Kopfbahnhof aus.
Im Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21 ist Bahnchef Rüdiger Grube nur teilweise zu Kompromissen bereit. Grundsätzlich sei es denkbar, mit dem Abriss des Südflügels bis nach der Volksabstimmung im Herbst zu warten. "Bedingung ist, dass uns finanziell und rechtlich keine Nachteile entstehen und dass das Projekt nicht weiter verzögert wird", sagte Grube der "SZ". Das müsse Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen ihm verbindlich zusichern. "Wir wollen ja niemanden unnötig provozieren und schon gar nicht eskalieren", sagte Grube. Zuvor hatte Kretschmann die Bahn mehrfach davor gewarnt, den Südflügel vor der für Ende November geplanten Volksabstimmung abzureißen.
Zu dem von Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler Ende Juli ins Gespräch gebrachten Kombi-Bahnhof sagte Grube, diese Idee sei Anfang der 90er Jahre "ausführlich diskutiert und damals aus guten Gründen nicht weiter verfolgt worden". "Aus unserer heutigen Sicht ist Stuttgart 21 dem Kombi-Bahnhof überlegen - und zwar sowohl städtebaulich, wirtschaftlich, ökologisch als auch verkehrlich." Geißler hatte vorgeschlagen, statt des unterirdischen Durchgangsbahnhofs eine Kombilösung aus überirdischer Station für den Regional- und unterirdischer für den Fernverkehr zu bauen. Die grün-rote Landesregierung hatte sich bereits zuvor reserviert gezeigt und mitgeteilt, den Vorschlag "nur im Konsens mit den Projektpartnern" weiterverfolgen zu wollen.
SMA: Bahn beruft sich auf falsche Aussagen
Die Angaben der Verkehrsberatungsfirma SMA widersprechen der Bahn jedoch: In einem "Faktencheck" lieferten die Bahnexperten Argumente für den kombinierten Tief- und Kopfbahnhof. Die Ablehnung der Kombilösung durch die Stadt Stuttgart, den Verband Region Stuttgart und die Bahn beruhe "auf einer Reihe von Behauptungen" und enthalte falsche Aussagen, heißt es in der Stellungnahme des Unternehmens.
Unter anderem weist die Zürcher Firma die Aussage zurück, auch bei der Kombilösung müsse der Südflügel des denkmalgeschützen Bahnhofs weichen. "Das ist vermutlich nicht der Fall", heißt es in dem Papier. Grund: Der Tiefbahnhof werde mit vier Gleisen nur halb so breit wie beim Stuttgart-21-Konzept geplant. SMA weist auch das Argument zurück, die Kombilösung ziehe wegen neuer Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren eine Verzögerung von zehn Jahren nach sich. Dies sei eine nicht bewiesene Behauptung.
Bei den möglichen Kosten für die Kombilösung distanziert sich die Beratungsfirma zudem von den Berechnungen der Bahn, die auf 5,2 Milliarden Euro kommt. So seien etwa die Sanierungskosten für den bestehenden Bahnhof mit 1,3 Milliarden Euro zu hoch angesetzt, kritisierte die Firma. Geißler beziffert die Kosten des Kompromissvorschlags auf bis zu 3 Milliarden Euro - also deutlich geringer als die 4,1 Milliarden Euro für Stuttgart 21. Zudem zweifeln die Schweizer die von der Bahn genannten Schadenersatzansprüche von 1,5 Milliarden Euro im Fall eines Scheitern des Vorhabens an.
Quelle: ntv.de, dpa