Israel macht U-Boote zu Atomwaffen Berlin weiß offiziell nichts davon
03.06.2012, 13:27 Uhr
Ein im Bau befindliches U-Boot der Dolphin-Klasse in der Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW).
(Foto: dapd)
Israel stattet offenbar aus Deutschland gelieferte U-Boote mit atomar bestückten Marschflugkörpern aus. Mit deutscher Hilfe soll es Israel gelungen sein, sich ein schwimmendes Atomwaffen-Arsenal zuzulegen. Über drei solcher umgerüsteter U-Boote soll die israelische Marine bereits verfügen, drei weitere sollen geliefert werden. Berlin hält sich bedeckt.
Die israelische Regierung stattet Medienberichten zufolge in Deutschland produzierte und zu großen Teilen von der Bundesregierung finanzierte mit Atomwaffen aus. Die Schiffe würden mit nuklear bestückten Marschflugkörpern versehen, die mittels eines bislang geheimen hydraulischen Ausstoßsystems abgeschossen werden könnten, berichtete der "Spiegel". "Die Deutschen können stolz darauf sein, die Existenz des Staates Israel für viele Jahre gesichert zu haben", sagte Israels Verteidigungsminister Ehud Barak dem Magazin.
Bislang behaupte die Bundesregierung, nichts von einer atomaren Bewaffnung der U-Boote zu wissen, heißt es in dem Bericht. Ehemalige hochrangige Beamte aus dem Bundesverteidigungsministerium wie der frühere Staatssekretär Lothar Rühl oder der einstige Chef des Planungsstabs, Hans Rühle, sagten laut "Spiegel" jedoch, sie seien schon immer davon ausgegangen, dass Israel auf den Schiffen Atomwaffen stationieren werde. Aus Akten des Auswärtigen Amts gehe zudem hervor, dass die Bundesregierung seit dem Jahr 1961 über die Praxis informiert sei.
Berlin hofft auf Wende in der Siedlungspolitik
Nach "Spiegel"-Angaben werden die fraglichen Schiffe von der Howaldtswerke-Deutsche Werft in Kiel gebaut, einer Tochter des ThyssenKrupp-Konzerns. Drei U-Boote wurden demnach bereits ausgeliefert, drei weitere sollen bis zum Jahr 2017 übergeben werden. Zudem erwäge Israel, noch einmal drei Schiffe zu bestellen. Den Vertrag über die Lieferung des sechsten Boots unterschrieb die Bundesregierung dem Bericht zufolge erst kürzlich.
Für dieses sechste Boot übernehme die Bundesregierung mit 135 Millionen Euro ein Drittel der Kosten und stunde zudem den israelischen Anteil bis zum Jahr 2015, schrieb der "Spiegel". Als Gegenleistung erhoffe sich Deutschland unter anderem eine Wende in der israelischen Siedlungspolitik. Aus der israelischen Regierung gibt es für einen solchen Schritt bislang jedoch keine Anzeichen.
Grass legt Finger in die Wunde
Die mit Kernwaffen ausgerüsteten U-Boote sollten Israels atomare Zweitschlagkapazität gewährleisten und damit als Abschreckung dienen, schreibt das Magazin. Die Flugkörper seien laut Experten vom israelischen Rüstungskonzern Rafael gebaut worden. Sie seien eine Weiterentwicklung des Marschflugkörpers Popeye Turbo SLCM, der mit einer Reichweite von etwa 1500 Kilometern und einem bis zu 200 Kilogramm schweren Sprengkopf den Iran erreichen könnte.
Der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass hatte Anfang April mit dem für heftige Diskussionen gesorgt. Darin schrieb er, Israel bedrohe als Atommacht den Weltfrieden und könne das iranische Volk mit einem Erstschlag auslöschen. Israel dürfe deshalb keine deutschen U-Boote mehr erhalten. Israel verbot Grass wegen seiner Äußerungen die Einreise.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa