Politik

Heldin der pakistanischen Liberalen Big-Brother-Starlet mischt Mullahs auf

Unter dem Druck der mächtigen Islamisten ducken sich Pakistans verängstigte Liberale weg. Während die intellektuelle Elite weitgehend verstummt ist, wagt es ein politisch bislang unbeflecktes Big-Brother-Starlet, den Mullahs öffentlich die Stirn zu bieten.

Veena Malik ist jung, schön und hat noch Hoffnung für ihr Heimatland Pakistan.

Veena Malik ist jung, schön und hat noch Hoffnung für ihr Heimatland Pakistan.

(Foto: dpa)

Der Termin mit Veena Malik ist mittags in ihrem Haus, in einer exklusiven Gegend in der ostpakistanischen Metropole Lahore. Die Schauspielerin schläft noch. Nachdem sie erwacht ist, dauert es weitere eineinhalb Stunden, bis sie erscheint. Die 26-Jährige - das ist das Alter, das sie selber angibt - musste sich noch stylen, der Reporter könnte Fotos machen. Malik gehört nicht zur intellektuellen Elite Pakistans, und doch ist sie für die Liberalen des Landes zu einer Art Ikone geworden.

Als Schauspielerin in "Lollywood" - so wird Lahores Filmindustrie in Anlehnung an das indische Bollywood genannt - war Malik nie der ganz große Durchbruch gelungen. Sie war vor allem bekannt für eine Comedy-Fernsehshow und für ihre Liaison mit Kricket-Star Mohammad Asif, die unglücklich scheiterte. Den Gipfel ihrer Berühmtheit aber hat Malik jetzt erreicht.

Im Pool mit Badeanzug

Zur ungeahnten Prominenz hat ihr "Big Boss" verholfen, Indiens Variante der Fernsehshow "Big Brother". Zwölf Wochen verbrachte Malik im Big-Boss-Haus im indischen Mumbai (früher Bombay), isoliert von der Außenwelt. Während die Muslimin mit einem indischen Schauspieler unter einer Decke kuschelte und im Badeanzug im Pool schwamm, echauffierten sich Islamisten in ihrer Heimat über das aus ihrer Sicht unzüchtige Verhalten. Die schamlose Schauspielerin, so kritisierten sie, habe den Islam und Pakistan beleidigt.

Als Malik das Big-Boss-Haus verließ, erfuhr sie von Todesdrohungen gegen sie. "Die Reaktionen waren furchtbar und ich war wirklich geschockt", sagt sie. "Meine Familie sagte mir: 'Komme nicht zurück nach Pakistan.'" Sie aber wollte sich der Situation stellen.

Paroli im TV-Show

Niemand habe sie nach der Rückkehr unterstützt. "Sogar meine Freunde ließen mich fallen." Dann aber änderte sich die Lage plötzlich - mit einem Auftritt Maliks in einer Talkshow, zu der auch ein islamischer Geistlicher eingeladen war.

Malik putzte den Islamisten öffentlich herunter, die Talkshow ist in Pakistan zum Youtube-Hit geworden. Pakistan habe nicht ihretwegen einen schlechten Ruf, sagte das Starlet dem Geistlichen, sondern wegen des Terrors im Land. "Ich habe ihn gefragt: Wenn Ihnen die Show nicht gefallen hat, warum haben Sie dann nicht den Kanal gewechselt?" Ohnehin hätte er als guter Muslim die Show gar nicht erst anschauen dürfen, wenn sie aus seiner Sicht so sündig gewesen sei.

Kritik an Doppelmoral

Malik sagt, die Talkshow sei ein Wendepunkt gewesen. Plötzlich habe sie Zuspruch für ihren Auftritt bekommen. "Niemand (sonst) ist mutig genug, die Stimme zu erheben, das ist es, was die Leute zu schätzen wissen", sagt die Schauspielerin, der es an Selbstbewusstsein nicht mangelt. "Ich bin zum Helden der liberalen Menschen in Pakistan geworden." Das mag etwas dick aufgetragen sein, doch selbst ausländische Diplomaten, die die Radikalisierung Pakistans mit großer Sorge beobachten, zollen der jungen Frau Respekt.

Malik sagt, sie wolle die Doppelmoral der von Männern dominierten muslimischen Gesellschaft ans Licht bringen. "Wenn Frauen untreu sind, dann schütten sie ihnen Säure ins Gesicht, wenn ein Typ fremdgeht, dann lassen sie ihn in Frieden", sagt sie. "Wenn eine Frau keine Mitgift in die Ehe bringt, verbrennen sie sie, wenn der Ehemann nutzlos ist, dann passiert nichts."

Schutz durch Wachmänner

Ihr Mut bringt ihr viele Angebote aus dem Show-Business ein, doch er macht auch einsam. Ihre Freunde, die sie in der Stunde der Not fallen ließen, wolle sie nicht zurück, sagt Malik. Wegen der Morddrohungen wechselt sie die Häuser, in denen sie übernachtet, beschützen lässt sie sich von privaten Wachmännern.

"Manche Leute würden es gerne sehen, wenn ich getötet würde", meint die junge Frau. Die Liberalen im Land seien nur eine kleine Minderheit. "Sie sind verängstigt und schweigen." Sie selber aber wolle weiter ihre Stimme erheben und Pakistan noch nicht verloren geben. Die Schauspielerin glaubt: "Es gibt noch einen Hoffnungsschimmer."

Quelle: ntv.de, Can Merey, dpa

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