Keine Entschuldigung Brüderle begegnet Himmelreich
30.01.2013, 12:43 Uhr
Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: "Stern"-Journalistin Himmelreich.
(Foto: dpa)
In den Sitzungswochen des Bundestags lädt FDP-Fraktionschef Brüderle regelmäßig zum Pressefrühstück. Dieses Mal kommen deutlich mehr Journalistinnen und Journalisten als sonst. Darunter ist auch die "Stern"-Reporterin, die Brüderle Sexismus vorgeworfen hatte.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle ist der Journalistin Laura Himmelreich wiederbegegnet, die mit einem Artikel über ihn eine heftige Sexismus-Debatte ausgelöst hatte. Brüderle lehnte bei dem Pressefrühstück, zu dem auch die "Stern"-Reporterin Himmelreich erschienen war, einen Kommentar zu den Vorwürfen ab. "Ich habe mich bisher nicht zu dem Thema geäußert", sagte Brüderle. "Ich werde es auch weiter nicht tun."
Brüderle gab seine Ablehnung auch nicht auf, als ein Journalist auf Himmelreichs Anwesenheit hinwies und fragte, ob er sich bei ihr privat entschuldigen wolle. "Ich werde weiterhin keinen Kommentar abgeben", entgegnete Brüderle. Er bitte, seine persönliche Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen. "Sie müssen sie ja nicht teilen", fügte er hinzu.
Zu einer persönlichen Begegnung zwischen Brüderle und Himmelreich kam es nicht. Brüderle verließ den Raum erst, nachdem Himmelreich gegangen war u nd den Aufzug betreten hatte. Die Journalistin hatte in einem Artikel über anzügliche Äußerungen Brüderles ihr gegenüber berichtet.
"Ein legitimes Phänomen"
Auf Nachfrage äußerte sich der FDP-Politiker in allgemeiner Form zur Debatte um Sexismus, die Himmelreichs Artikel losgetreten hatte. "Sexismus ist eine Debatte, die läuft und die sicherlich gesellschaftliche Relevanz hat", sagte Brüderle. "Dass Debatten in der Demokratie geführt werden, ist ein legitimes und richtiges Phänomen."
Brüderle sieht sich auch nach den Vorwürfen nicht als Belastung für die Liberalen. "Ich sehe das so, dass ich sehr wohl der Partei sehr nütze", sagte er dazu. Sonst hätte sie ihn ja nicht aufgefordert, Spitzenmann im Wahlkampf zu werden. Die Nominierung hatte allerdings vor Bekanntwerden der Vorwürfe stattgefunden. "Die FDP entscheidet das."
Himmelreich hatte in der vergangenen Woche in einem Artikel berichtet, dass Brüderle ihr am Rande des Dreikönigstreffens vor einem Jahr mit anzüglichen Bemerkungen zu nahe gekommen sei. Sie erwähnte darin auch andere Gelegenheiten, bei denen Brüderle durch sexistische Bemerkungen aufgefallen sei. Mit Blick auf ihren Busen soll der FDP-Fraktionschef zu der Journalistin unter anderem gesagt haben: "Sie können ein Dirndl auch ausfüllen."
Männer sensibler als Frauen?
Laut einer Forsa-Umfrage sehen 60 Prozent der Deutschen in der Bemerkung "Mit Ihrer Oberweite können Sie ja alles tragen" eine Belästigung der Frau. Ein Drittel aller Befragten hält die Äußerung hingegen für völlig unproblematisch.
Je nach Zielgruppe wird der Satz jedoch sehr unterschiedlich bewertet. So stufen ihn 65 Prozent der Männer, aber nur 56 Prozent der Frauen als Belästigung ein. Außerdem fällt auf: Umso jünger die Befragten desto größer die Zustimmung. Vor allem von den formal niedriger Gebildeten wird die Bemerkung dagegen etwas seltener als Belästigung eingestuft als von den jeweils übrigen Befragten.
Aber ist Sexismus tatsächlich ein Problem in Deutschland? Der Umfrage zufolge gibt es hier kein eindeutiges Bild. Fast die Hälfte der Befragten meinen, dass sexuell anzügliche Bemerkungen oder Witze gegenüber Frauen im Alltag relativ häufig (36 Prozent) oder sehr häufig (11) vorkommen. Fast jeder Zweite widerspricht. Demnach seien derartige Belästigungen eher selten. Die Einschätzung von Frauen und Männern unterscheidet sich hier kaum.
Quelle: ntv.de, cro/AFP/rts