Politik

Air Berlin verwöhnt AbgeordneteBundestag weiß von nichts

11.10.2011, 18:16 Uhr
27406564
Politiker fliegen bei Air Berlin komfortabler. (Foto: picture alliance / dpa)

Die Fluggesellschaft Air Berlin bestätigt kostenlose Privilegien für Bundestagsabgeordnete, etwa beim Check-In. "Für uns ist die Unterstützung durch die Politik in Deutschland von großer Bedeutung", schreibt das Unternehmen. Die Bundestagsverwaltung stuft das Programm als nicht meldepflichtige Spende ein. Transparency International kritisiert das.

Mehr Beinfreiheit an Bord,

Vorrang beim Check-In, zusätzliches Freigepäck: Bundestagsabgeordnete können bei

Air Berlin besonderen Komfort in Anspruch nehmen. Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft

bestätigte, dass sie den Volksvertretern entsprechende goldene Vielfliegerkarten

geschenkt hat.

Laut Bundestagsverwaltung

bekamen die Abgeordneten die Karten 2008 unaufgefordert. Sie müssen sie dienstlich

einsetzen - aber ob die Parlamentarier sich daran halten, weiß die Verwaltung nicht.

Kritiker werfen Air Berlin und dem Bundestag vor, es fehle an Transparenz.

Erst kürzlich hatte Air

Berlin ein Sonderprogramm mit Gratis-Flügen für Prominente eingestellt. Seit Jahren

erhalten auch Journalisten Vergünstigungen. Zum Beispiel auf internationale Flüge

einen Rabatt von 25 Prozent auf den Nettopreis, so die Airline. Jeder kann selbst

entscheiden, ob er das auch annimmt.

"Die Goldkarte erleichtert

das Reisen", erklärte Air-Berlin-Sprecherin Yasmin Born. Mit der "topbonus

Gold Card" können Abgeordnete Annehmlichkeiten genießen, für die sie üblicherweise

40.000 Meilen in einem Jahr sammeln müssen. Für jemanden, der jede Woche zwischen

Wahlkreis und Parlament hin- und herfliegt, wäre das nach Unternehmensangaben aber

auch kein Problem.

Auch Lufthansa umgarnt Parlamentarier

18454294
(Foto: picture alliance / dpa)

"Für uns ist die Unterstützung

durch die Politik in Deutschland von große Bedeutung", zitiert die "Frankfurter

Rundschau" aus einem Begleitschreiben zu der Karte für Abgeordnete. Für die

private Nutzung hat Air Berlin den Parlamentariern zusätzlich eine einfache Vielfliegerkarte

angeboten. Diese könne jeder Kunde anfordern, um Meilen zu sammeln.

Auch Marktführer Lufthansa

umgarnt die Parlamentarier und bietet ihnen seit Jahren die "Senator Card"

an. "Es ist eine Dienstleistung, die wir auf Bitte des Bundestags in Abstimmung

mit der Bundestagsverwaltung anbieten", sagte ein Lufthansa-Sprecher.

Vorteile sind unter anderem höhere Freigepäckmengen.

Die Bundestagsverwaltung

hat mit dem Bonusprogramm von Air Berlin nach eigenen Angaben nichts zu tun und

daher auch keine Kenntnis über die Nutzung. Der mit der Karte verbundene zusätzliche

Komfort sei eine Spende im Sinne der Verhaltensregeln für Abgeordnete und nicht

anzeigepflichtig. Nach der Verordnung müssen die Abgeordneten Spenden im Wert von

mehr als 5000 Euro angeben.

Mehr Transparenz gefordert

Für Transparency International

ist die Vorzugsbehandlung für Volksvertreter nicht vergleichbar mit dem Skandal

um privat genutzte Bonusmeilen im Jahr 2002. "Wir reden hier nicht über eine

große Affäre", sagte der Geschäftsführer des Vereins, Christian Humborg. Ihm sei aber nicht erklärlich, warum Abgeordnete etwa einen

schnelleren Check-In benötigen als andere.

Der Bundestag müsse stärker

transparent machen, welche Vorteile Abgeordneten angeboten würden, forderte Humborg.

"Wichtig ist, dass Fakten auf den Tisch kommen." Sonst entstehe immer

Anschein, dass die Politiker nicht so unabhängig seien. Auch der Verein Lobbycontrol

sieht einen Versuch, sich mit dem Parlament gutzustellen. "Dass das Angebot

von Air Berlin erst jetzt bekanntwurde, zeigt erneut, dass die bestehenden Transparenzregeln

des Bundestags nicht ausreichen."

Quelle: dpa