Völkermord an den Armeniern Bundestag will Ankara nicht provozieren
16.10.2015, 15:24 Uhr
"Völkermord" ist auf dem Transparent zu lesen, das armenische Demonstranten am im April vor dem Reichstagsgebäude in Berlin halten. Im Deutschen Bundestag fand zuvor eine Debatte zu Vertreibung und Massakern an Armeniern 1915/16 statt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die "Völkermord"-Resolution zu Armenien verzögert sich. Denn offenbar möchte der Bundestag Rücksicht auf die Türken nehmen. Diese hatten sich seinerzeit über die Völkermord-Einordnung geärgert. Die Rücksichtnahme hat einen bestimmten Grund.
Die umstrittene Resolution des Bundestags zum Völkermord an den Armeniern wird nach einem Bericht des "Spiegel" zunächst auf Eis gelegt. "In aller Stille" hätten sich die Regierungsfraktionen von Union und SPD darauf verständigt, die noch ausstehende abschließende Lesung der Resolution möglichst lange hinauszuzögern, hieß es ohne Nennung einer Quelle.
Der Bundestag hatte im April in einer Debatte der Vertreibung und Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich vor hundert Jahren gedacht. Außerdem wurde in erster Lesung ein Antrag der Koalition dazu beraten. Darin werden die Massaker an den Armeniern in Zusammenhang mit dem Begriff "Völkermord" genannt, eine klare Einordnung aber vermieden. Sowohl Bundespräsident Joachim Gauck als auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sprachen aber eindeutig von einem Völkermord an den Armeniern. Die Türkei lehnt den Begriff "Völkermord" ab und kritisierte Gaucks Rede.
Dem "Spiegel" zufolge wollen sich die Außenpolitiker von Union und SPD derzeit nicht zu dem Thema äußern. Hinter der Verschiebung stecke aber die Überlegung, dass die Türkei derzeit nicht provoziert werden sollte, weil man von Ankara Hilfe bei der Lösung der Flüchtlingskrise erwarte. Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am Sonntag zu Gesprächen in die Türkei.
Nach armenischer Darstellung starben auf dem Gebiet der heutigen Türkei in der Zeit von 1915 bis 1917 im Zuge der gezielten Vernichtung der armenischen Minderheit bis zu 1,5 Millionen Armenier. Die Vernichtung an der armenischen Minderheit soll gezielt gewesen sein. Die Türkei spricht dagegen von 300.000 bis 500.000 getöteten Armeniern und ebenso vielen Toten auf Seiten der Türken bei bürgerkriegsartigen Kämpfen und Hungersnöten.
Quelle: ntv.de, kpi/AFP