Mangelhafte Übergabe an die Afghanen? Bundeswehrlager Kundus verfällt
30.03.2014, 12:11 Uhr
Erst verlassen, dann verfallen? Das ehemalige deutsche Feldlager in Kundus.
(Foto: dpa)
Afghanische Kräfte nutzen das von den Deutschen verlassene Feldlager in Kundus zum Teil weiter - haben aber massive Probleme. Wasser fließt nur spärlich, Strom gibt es kaum, auch Heizung und Elektrizitätssysteme können nicht bedient werden.
Sechs Monate nach der Übergabe an die afghanischen Sicherheitskräfte verfällt das ehemalige Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Kundus. Der Vizekommandeur der dort stationierten Kompanie der Bereitschaftspolizei Ancop, Leutnant Asis Rehman, sagte, zahlreiche Wasserrohre seien im Winter geborsten.
Wasser gebe es oft nur eine Stunde am Tag, manchmal aber auch tagelang gar nicht. Wenn Wasser fließe, würden wegen der lecken Leitungen Teile des Camps überschwemmt. Ancop ist in einer der beiden Lagerhälften stationiert, die andere Hälfte hatte die Nationalarmee (ANA) übernommen.
Auch der Strom im Lager falle manchmal über Tage hinweg aus, obwohl die an dasselbe Netz angeschlossene Stadt Kundus dann Elektrizität habe, sagte Rehman. Von den vier Trafo-Containern seien drei abgesperrt, der Verbleib der Schlüssel sei unklar.
Die von den Deutschen gestellten Generatoren seien den Polizisten nicht zugänglich. Die Heizungsanlage funktioniere ebenfalls nicht. Niemand in seiner Kompanie wisse, wie die von den Deutschen hinterlassenen Heizungs- und Elektrizitätssysteme zu bedienen seien.
250 Millionen Euro investiert
Wassergräben im Camp sind eingebrochen, berichtete ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur nach einem Besuch. Straßen haben sich teilweise abgesenkt, dort ist der Asphalt geborsten. Die hygienischen Bedingungen sind wegen des Wassermangels bedenklich. Die Bundesregierung hatte insgesamt rund 250 Millionen Euro in die Infrastruktur des Camps investiert, das die Bundeswehr mehr als sieben Jahre lang nutzte. Gab es am Ende des Einsatzes eine ausreichende Übergabe an afghanische Kräfte?
Der Großteil der Gebäude im Ancop-Teil - darunter die Großküche, das Verpflegungsgebäude, der frühere Stab, das frühere Krankenhaus und die Wohncontainer - wurden vom afghanischen Innenministerium nach dem Abzug der Bundeswehr versiegelt. Aus dem Innenministerium in Kabul hieß es, es sei nicht entschieden, was mit dem Feldlager geschehen solle. Möglicherweise würde eine Polizeiakademie dort errichtet, dafür fehle aber Geld.
Leutnant Rehman sagte, derzeit seien in der weitgehend verwaisten Ancop-Lagerhälfte nur rund 130 Polizisten untergebracht. Zu Spitzenzeiten waren in Kundus 1420 deutsche und zusätzlich noch zahlreiche andere ausländische Soldaten stationiert gewesen.
"Afghanen in der Verantwortung"
Der Bundeswehr-Kommandeur in Afghanistan, Generalmajor Bernd Schütt, sagte, er werde den zuständigen Brigadegeneral der Ancop fragen, "was er über die infrastrukturelle Lage in Kundus weiß und was er zu tun gedenkt. Es bleibt aber dabei, dass jetzt die Afghanen in der Verantwortung sind, und dahinter wollen wir auch nicht mehr zurück. Die Afghanen müssen in Verantwortung genommen werden."
Die Bundesregierung hatte das Feldlager Kundus am 6. Oktober bei einer feierlichen Zeremonie an Ancop und an die afghanische Nationalarmee übergeben. Am 19. Oktober verließen die letzten deutschen Soldaten Kundus. In Nordafghanistan unterhält die Bundeswehr nur noch das Camp Marmal in Masar-i-Scharif. Der Nato-Kampfeinsatz in Afghanistan endet mit Ablauf des Jahres.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa