Politik

Enthüllungsskandal im Vatikan Diener des Papstes verhaftet

Italienische Medien gehen von einem Machtkampf aus.

Italienische Medien gehen von einem Machtkampf aus.

(Foto: picture alliance / dpa)

Was geht da vor sich im Vatikan? Der Chef der Vatikanbank muss seinen Hut nehmen. Offiziell heißt es, es gehe um Mängel in der Führung des Instituts. Doch spekuliert wird auch über einen Zusammenhang mit "Vatileaks", dem Bekanntwerden von vertraulichen Informationen aus dem Umfeld des Papstes. Hier gibt es jetzt eine Festnahme. Betroffen ist ein Kammerdiener von Benedikt XVI.

Die Diener haben Zugang zu den streng abgeriegelten Privaträumen des Papstes. Sie bedienen ihn bei Tisch und begleiten ihn im Papamobil.

Die Diener haben Zugang zu den streng abgeriegelten Privaträumen des Papstes. Sie bedienen ihn bei Tisch und begleiten ihn im Papamobil.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Chef der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti Tedeschi, muss nach einem Misstrauensvotum des Aufsichtsrats seinen Posten räumen. Der Bankmanager, der mehr Transparenz in die Geschäfte der Vatikanbank bringen sollte, habe trotz wiederholter Mahnungen "bestimmte Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt", teilte der Vatikan nach der IOR-Aufsichtsratssitzung mit. In italienischen Medien wurde auch über einen möglichen Zusammenhang mit dem "Vatileaks"-Skandal spekuliert. Dabei waren aus dem Vatikan vertrauliche Dokumente an die Medien durchgesickert. Teilweise handelte es sich um persönliche Briefe an den Papst. In einigen Unterlagen ging es um Vorwürfe der Korruption, des Missmanagements, der Vetternwirtschaft und um Kritik an der Führung der Vatikan-Bank.

In dem Fall gibt es nun einen Verdächtigen - dabei soll es sich um einen Kammerdiener aus dem Vatikan handeln, wie das Internetportal "ilfoglio.it" und die Nachrichtenagentur Ansa schreiben. Ansa beruft sich auf Vatikankreise. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, der Mann sei unberechtigt im Besitz vertraulicher Dokumente des Heiligen Stuhls gewesen. Deshalb sei er festgenommen worden.

Der Kammerdiener habe dem Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche in dessen Wohnung gedient, hießes. In dieser Vertrauensstellung hat er Zugang zu den streng abgeriegelten Privaträumen des Kirchenoberhauptes und ist mit den Vorgängen dort bestens bekannt. Er bedient den Papst bei Tisch, begleitet ihn im Papamobil, und überreicht Würdenträgern, die das Kirchenoberhaupt aufsuchen, den Rosenkranz. Über die Identität werde man Stillschweigen bewahren, solange die Ermittler des Vatikans darauf bestünden.

Zu der Identifizierung des Verdächtigen im Fall "Vatileaks" führten vatikaninterne Untersuchungen, wie Radio Vatikan berichtet. Der Kammerdiener müsse sich jetzt für eine eingehendere Untersuchung zur Verfügung halten. Die Ermittlungen würden von der Vatikan-Gendarmerie durchgeführt, die im Auftrag einer eigens ernannten Kardinalskommission handelt und unter Aufsicht des vatikanischen Generalstaatsanwaltes Nicola Picardi steht.

"Ich würde sonst böse Worte sagen"

Der Vatikan hatte die Veröffentlichungen der vertraulichen Dokumente scharf kritisiert und in Anspielung auf die Internet-Enthüllungsplattform Wikileaks als "Vatileaks" bezeichnet. Italienische Medien spekulierten, dass es sich um einen Machtkampf innerhalb der Spitze der Kurie handele. Der Vatikan prangerte auch ein Buch mit dem Titel "Sua Santita" (Seine Heiligkeit) als illegal an, das in dieser Woche erschienen war und mehrere dieser Dokumente enthalten soll.

Der Chef der Vatikanbank Tedeschi hatte laut Radio Vatikan noch am Donnerstagabend seinen Rücktritt eingereicht. "Aus Liebe zum Papst" wolle er sich nicht gegen den Vorwürfe verteidigen, sagte Tedeschi nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa. "Besser ich schweige, ich würde sonst böse Worte sagen." Der derzeitige IOR-Vizepräsident, der deutsche Banker Ronaldo Hermann Schmitz, sollte laut Ansa zum Interimspräsidenten bestimmt werden. Weitere Schritte werden geprüft. Die Vatikanbank stand in der Vergangenheit bereits wegen intransparenten Finanzgebarens in der Kritik, unter anderem im Zusammenhang mit Geldwäsche. Der Vatikan hatte aber jede Verwicklung der Bankleitung in dunkle Machenschaften bestritten.

Tedeschi, der unter anderem bei der spanischen Santander-Bank für das Italien-Geschäft zuständig gewesen war, hatte 2009 Angelo Caloia als Präsident der Vatikanbank abgelöst und sollte die Bank erneuern. Vor zwei Jahren warfen römische Ermittler ihm und dem Generaldirektor des Istituto per le Opere di Religione (IOR), Paolo Cipriani, vor, gegen Anti-Geldwäsche-Standards verstoßen zu haben. Die Ermittlungen wurden aber eingestellt. Papst Benedikt XVI. erließ ein Maßnahmenpaket gegen Geldwäsche.

Spekuliert wird nun auch, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Misstrauensvotum und "Vatileaks" geben könnte. Bei der Entscheidung habe auch die Annahme mitgespielt, Tedeschi könnte eine Rolle bei diesem Skandal gehabt haben, berichtete Ansa unter Berufung auf Quellen im Vatikan.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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