Politik

Spannungen wegen Ukraine-Krise EU misstraut Putins Annäherungsversuchen

Insider befürchten, dass Putin einen Keil zwischen die EU-Länder treiben möchte.

Insider befürchten, dass Putin einen Keil zwischen die EU-Länder treiben möchte.

(Foto: dpa)

Das Vertrauen ist weg: Obwohl sich Russland kompromissbereit zeigt, geht der Westen nicht von einer baldigen Entspannung des Konflikts aus. Vielmehr wittert er hinter Putins Vorgehen geplantes Kalkül - und das aus drei möglichen Gründen.

Egal ob im Frühling, Sommer oder Herbst - immer wenn EU-Gipfel vor der Tür stehen, erscheint Russlands Präsident Wladimir Putin kompromissbereit. Am Wochenende hat er den Rückzug von 17.000 russischen Soldaten aus dem Grenzgebiet zur Ukraine angeordnet. Aber wie zerrüttet das Vertrauen zwischen Putin und dem Westen ist, zeigt die Wirkung- man traut Moskau nicht mehr. "Leider wissen wir aus Erfahrung, dass es in der Vergangenheit schon Fälle gegeben hat, wo vor wichtigen internationalen Treffen von russischer Seite Ankündigungen gemacht wurden, die dann nicht ganz oder nicht eingehalten wurden", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert ungewohnt offen.

Das Ende Oktober geplante deutsch-russische Forum "Petersburger Dialog" wurde deshalb trotz der Entspannungssignale aus Moskau abgesagt, die gemeinsamen Regierungskonsultationen sind ohnehin seit langem gestrichen. Fragt man europäische Diplomaten, die den Ukraine-Russland-Konflikt in den vergangenen Monaten verfolgt haben, dann verweisen sie auf drei mögliche Gründe für das Vorgehen Putins- eine Einsicht auf eigene Fehler im Kreml wird dabei ausgeschlossen.

Isolation, Sanktionen oder Ziele schon erreicht?

Erstens wolle Russlands Präsident auf dem EU-Asien-Treffen in Mailand Ende der Woche auf EU-Politiker wie Angela Merkel treffen und zudem im November am G20-Treffen in Australien teilnehmen - dafür brauche er eine bessere Stimmung angesichts der westlichen Sanktionen gegen sein Land, heißt es. Es soll kein Eindruck der Isolation aufkommen.

Zweitens komme nächste Woche in der EU wieder die Frage der EU-Sanktionen auf dem Gipfeltreffen in Brüssel auf die Agenda. Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in Europa plädieren bereits einige EU-Regierungen mehr oder weniger offen für eine Aufhebung der Sanktionen, die auch Russland angesichts des anhaltenden Rubel-Verfalls treffen. Also bemühe sich Putin erneut, mit zumindest versprochenen Zugeständnissen einen Keil zwischen die 28 EU-Staaten zu treiben, heißt es in Brüssel. Wie viel der russische Präsident beim früher bevorzugten Partner Deutschland durch sein Vorgehen in der Ukraine verspielt hat, zeigt aber die Reaktion der Bundesregierung. Die Bundesregierung sehe aus heutiger Sicht keine Veranlassung, die heute herrschenden Sanktionen infrage zu stellen, räumte Merkels Sprecher das Thema ab.

Drittens wird in einigen EU-Hauptstädten gefragt, ob Putin nicht seine entscheidenden Ziele in der Ostukraineerreicht hat - und deshalb nachgiebiger erscheinen könne. Denn viele Experten hatten ihm nach der Einverleibung der Halbinsel Krim ins russische Staatsgebiet unterstellt, dass es ihm in der Ostukraine vor allem um eine dauerhafte Destabilisierung und nicht um eine Annexion gehe. Ähnlich war Russland in Georgien mit der Hilfe für die abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien sowie in Moldawien mit der Unterstützung der abtrünnigen Landesteile Transnistrien und Gargausien vorgegangen.

Entwicklung in der Ukraine bestimmt Treffen mit Merkel

Wenn jetzt Separatisten und die ukrainische Regierung für einen effektiven Waffenstillstand über den Grenzverlauf zwischenbeiden Lagern verhandeln, scheint zudem ein Ziel der prorussischen Kämpfer bereits erreicht - die anerkannte Konsolidierung eines nicht von Kiew beherrschten Raums. Bereits in den vergangenen Wochen waren nach Angaben aus Sicherheitskreisen Vorbereitungen für eine Abkoppelung der Gebiete um Donezk und Luhansk getroffen worden. So hatte Russland mit zwei Hilfskonvois etwa Stromgeneratoren in die Ostukraine gebracht, die die Versorgung für die gekappten Stromleitungen nach Westen ersetzen sollen.

Zudem haben die Aufständischen in beiden Gebieten parallel zu den ukrainischen Parlamentswahlen Ende Oktober eine eigene Abstimmung über Autonomie und Abspaltung angesetzt. Dies wird zwar sowohl von Kiew als auch den westlichen Regierungen scharfkritisiert. Aber einmal durchgeführt, dürfte das Referendum auch Moskau als Argument dienen, dass sich die Bevölkerung in den von prorussischen Milizen beherrschten Gebieten in einer demokratischen Abstimmung für die Abspaltung von der Ukraineentschieden hätten. Diese Entwicklung dürfte auch das Treffen zwischen Merkel und Putin am Rande des EU-Asien-Gipfels in Mailand Ende dieser Woche bestimmen.

Quelle: ntv.de, Andreas Rinke, rts

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