Die "Bush-Krieger" und der Irak Joschka Fischer rechnet ab
17.02.2011, 18:18 Uhr
Blick zurück: Ex-Außenminister erzählt seine Sicht des Weltgeschehens.
(Foto: dpa)
Ex-Außenminister Fischer legt den zweiten Band seiner Memoiren vor. Das Buch ist vor allem eine Abrechnung mit der früheren US-Regierung unter George W. Bush. Fischer erzählt, wie es zum Irakkrieg kam und wie er sich auch mit Ex-Kanzler Schröder anlegte.
Auf eines legt Dr. h.c. Joschka Fischer an diesem Tag besonderen Wert. Seine Memoiren hat er ohne fremde Hilfe geschrieben, "vom ersten bis zum letzten Anschlag". Auf Fußnoten verzichtete der ehemalige grüne Außenminister ganz - der Lesbarkeit wegen und auch, weil es weniger Arbeit macht. Auch so dauerte es zweieinhalb Jahre, bis der zweite Teil der Erinnerungen ("I am not convinced. Der Irak-Krieg und die rot-grünen Jahre.") fertig war.
Fischer ist heute 63 und ein viel beschäftigter Mann. Sein Geld verdient er als Berater von Firmen wie BMW, Siemens und RWE. Außerdem hilft er dabei, dass das Gas-Pipelineprojekt "Nabucco" zum Erfolg wird. Aus der deutschen Tagespolitik hat er sich zurückgezogen. Aber das hindert ihn natürlich nicht daran, ein paar Pfeile gegen den amtierenden CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg abzuschießen, der unter argem Abschreiber-Verdacht steht.
"Von Anfang an nicht überzeugt"
Ansonsten kümmert sich der grüne Polit-Pensionär mehr um die großen Linien. Legt die Stirn in Falten, wenn er auf den wachsenden Einfluss der Chinesen zu sprechen kommt. Blickt arg besorgt auf die vermeintlich fehlende Europa-Begeisterung der schwarz-gelben Koalition. Und legt größtmöglichen Ärger in die Stimme angesichts der Behauptung, dass ausgerechnet US-Präsident George W. Bush den Weg für die Revolution geebnet habe, die jetzt die arabische Welt erfasst hat.

Keine Freunde mehr: Rumsfeld und Fischer auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Das Foto ziert nun das Buchcover.
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Die Abrechnung mit den "Bush-Kriegern" ist das große Thema im zweiten Teil der Memoiren über die Außenminister-Jahre. Das Nein zu einer deutschen Beteiligung am Irak-Krieg 2003 habe sich auch aus historischer Sicht als völlig richtig erwiesen. "Wir waren von den Gründen nicht überzeugt, und zwar von Anfang an." Fischer spart aber nicht aus, dass es mit Gerhard Schröder heftige Auseinandersetzungen übers richtige Vorgehen gab, bis hin zu gegenseitigen Rücktrittsdrohungen.
Tipps für Guttenberg
"Wir sind starke Charaktere, und auch ein Stück weit Egomanen. Da hat es dann auch gekracht irgendwann." Im Rückblick lobt er das andere Alphatier der rot-grünen Jahre aber als "starken Kanzler" an der Spitze eines erfolgreichen Kabinetts. "Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Rot-Grün auf die Gestaltung der Macht gesetzt hat und nicht auf die Verwaltung."
Keinen Zweifel lässt Fischer daran, dass ihm bei der schwarz-gelben Regierung von heute und auch bei der rot-rot-grünen Opposition der Sinn für Strategie fehlt. Dafür lobt er Helmut Kohl. Die naheliegende Frage, welcher jetzige Politiker denn überhaupt vor ihm Gnade finde, will der grüne Altmeister nicht beantworten. "Ich bin nicht die Begnadigungsinstanz der heutigen Politik." Aber er fügt auch hinzu: "Sollte ich mich tatsächlich zum Erben von Helmut Schmidt entwickeln, würde mir das leidtun."
So ganz kann es Fischer aber nicht lassen, das Tagesgeschäft zu kommentieren. Ganz zum Schluss wird er zum Fall Guttenberg gefragt und gibt dann doch eine Empfehlung für den Verteidigungsminister zum Umgang mit den Plagiatsvorwürfen ab: "Man scheitert nicht an dem, was man in der Vergangenheit gemacht hat, sondern daran, wie man damit umgeht."
Quelle: ntv.de, Christoph Sator, dpa