Politik

Griechische Abstimmung rechtswidrig? Juristen zweifeln am Euro-Referendum

Diese Griechin will mit "Nai", also "Ja" stimmen, also gegen den Vorschlag ihrer Regierung.

Diese Griechin will mit "Nai", also "Ja" stimmen, also gegen den Vorschlag ihrer Regierung.

(Foto: REUTERS)

Nur wenige Tage haben die Griechen Zeit, sich ihre Meinung zu bilden. Dabei ist die Frage, die ihnen gestellt wird, kompliziert. Die Gefahr besteht, dass die Entscheidung vor Gerichten angefochten wird.

Deutsche Verfassungsrechtler zweifeln an der Rechtmäßigkeit des für Sonntag angesetzten Referendums über die Sparpolitik in Griechenland. Der Europa- und Völkerrechtler Christoph Vedder sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Abstimmung sei "äußerst fragwürdig". Griechenland ist Mitglied des Europarats (der rechtlich nichts mit der EU zu tun hat). Und im Europarat gibt es Standards für Referenden, die nicht erfüllt sind. Die Kritik setzt an zwei Punkten an:

Erstens soll der Inhalt des Referendums mindestens zwei Wochen vor der Abstimmung bekannt sein. In diesem Fall bleiben gerade einmal sechs Tage. In dieser knappen Zeit ist es weder den Griechen möglich, sich eine Meinung zu bilden, noch ist der Europarat dazu in der Lage, Wahlbeobachter zu entsenden.

Zweitens soll die Frage des Referendums klar verständlich formuliert sein. Die Frage lautet: "Soll dem Verhandlungsvorschlag zugestimmt werden, den die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds in der Eurogruppe am 25. Juni 2015 übermittelt haben, und der aus zwei Teilen besteht, die den gemeinsamen Vorschlag der Institutionen darstellen. Die zwei Teile sind: 'Reformen für die Vervollständigung des aktuellen Hilfsprogramms und darüber hinaus' und 'vorläufige Schuldentragfähigkeits-Analyse'." Eine solche Formulierung ist wohl genau das, was die Regeln des Europarats verhindern sollen. Auch ist zweifelhaft, ob die Griechen genug über die Folgen ihrer Entscheidung aufgeklärt sind.

Die Regeln des Europarats sind nicht unmittelbar bindend. Allerdings haben sich die EU-Staaten in ihren Verträgen auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verpflichtet. Sollte der Europäische Gerichtshof prüfen, ob das Referendum diesen Werten entspricht, könnte er sich dabei auch auf die Europaratsvorgaben beziehen.

Außerdem ist unklar, zu welchen Fragen die griechische Verfassung Volksabstimmungen überhaupt erlaubt. In Artikel 44, Absatz 2 heißt es (laut Übersetzung von verfassungen.eu): "Der Präsident der Republik kann nach Beschluss der absoluten Mehrheit der Abgeordneten … die Durchführung einer Volksabstimmung über besonders wichtige nationale Fragen anberaumen. Der Präsident der Republik kann durch Verordnung eine Volksabstimmung auch über schon verabschiedete Gesetzesentwürfe zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen – außer wenn sie die öffentlichen Finanzen betreffen – anberaumen …."

Kritiker des Referendums weisen darauf hin, dass die Frage die öffentlichen Finanzen betreffe und darum unzulässig sei. Die Regierung interpretiert den Text so, dass ein Referendum, das sich nicht auf einen schon verabschiedeten Gesetzentwurf bezieht, auch die öffentlichen Finanzen betreffen darf.

Quelle: ntv.de

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