Politik

Nur Albanien und Deutschland Kein digitaler Polizeifunk

Die Einführung des seit Jahren geforderten digitalen Polizeifunks verzögert sich weiter. Die Innenstaatssekretäre von Bund und Ländern lehnten das von der Bahn vorgelegte Angebot zum Betrieb am Mittwoch ab. Das Angebot sei inhaltlich und preislich "weder tragfähig noch verhandlungsfähig", beschloss der Lenkungsausschuss der Innenstaatssekretäre in Berlin. Sie stimmten damit der Bewertung des Bundesinnenministeriums zu. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einem Desaster. Der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff verlangte eine Zwischenlösung. Als einzige europäische Länder verfügen nur Deutschland und Albanien noch nicht über einen digitalen Polizeifunk.

Über die Einführung des abhörsicheren Digitalfunks, der das alte und störanfällige analoge System ablösen soll, wird seit Jahren gestritten. Im März 2005 erzielte der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) mit den Ländern eine Einigung: Demnach sollte der Bund zunächst ein Rumpfnetz aufbauen, das die Länder später ergänzen. Den Betrieb des Netzes sollte die Bahn-Tochter DB-Telematik übernehmen.

Die DB Telematik, die bei dem Projekt auch mit einer Tochter der Deutsche Telekom zusammen arbeiten will, hatte Bund und Ländern ein Angebot für den Digitalfunk in Höhe von 5,1 Milliarden Euro vorgelegt. Das tatsächliche Volumen des Projekts dürfte Schätzungen zufolge bei über sechs Milliarden Euro liegen, da in dem Angebot weitere Kosten versteckt seien.

Nach Worten des GdP-Vorsitzenden Konrad Freiberg bedeutet das vorläufige Scheitern für die Polizei eine nicht unerhebliche Sicherheitslücke. Damit verharrten die Sicherheitsbehörden "in der Steinzeit der elektronischen Kommunikation". Der analoge Funk sei völlig veraltet und störungsanfällig. "Viele Polizisten müssen im Einsatz daher ihr Privathandy benutzen", so Freiberg. Die GdP bezweifelte, dass der von Bund und Ländern weiterhin angestrebte Termin der Einführung im Jahr 2010 noch zu halten ist.

Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) bedauerte das Scheitern der Verhandlungen mit der Bahn. "Dies ist ein weiterer Rückschlag, während europäische Nachbarländer und viele zivile Anwender bei uns bereits diese Technik nutzen. Die Entwicklung geht an Deutschland vorbei", sagte DFV-Präsident Hans-Peter Kröger. Sein Verband poche darauf, dass der Zeitplan eingehalten werde, den Digitalfunk bis 2010 flächendeckend einzuführen.

Der FDP-Abgeordnete Wolff sagte: "Es kann nicht sein, dass die Beamten der Polizei und Einsatzkräfte der Feuerwehr oder Rettungsdienste weiterhin auf den Gebrauch ihrer privaten Mobiltelefone oder das in bestimmten Situationen nicht funktionsfähige Analogfunksystem angewiesen sind." Im Innenausschuss des Bundestages forderte die FDP, die Vergabe neu auszuschreiben.

Die Innenstaatssekretäre halten an dem Ziel fest, spätestens bis Ende 2010 bundesweit den Digitalfunk einzuführen. Nun soll ein vom Innenministerium vorgelegtes alternatives Konzept weiter entwickelt werden. Eine abschließende Entscheidung sollte von Bund und Ländern spätestens bis Ende März 2007 getroffen werden können.

Quelle: ntv.de

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