Politik

Zahl der Verfahren auf Rekordniveau Klagewelle flutet Arbeitsgerichte

(Foto: picture alliance / dpa)

Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen ihre Meinungsunterschiede immer häufiger juristisch aus. Das geht aus dem Jahresbericht des Bundesarbeitsgerichts hervor. Den Autoren zufolge hat die Entwicklung ihren Ursprung im schrumpfenden gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen ihre Konflikte immer häufiger bis zur letzten Instanz vor Gericht aus. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt, Ingrid Schmidt, sieht im geringer werdenden gesellschaftlichen Zusammenhalt eine wichtige Ursache für die Klagewut. Musterentscheidungen würden immer weniger akzeptiert. Stattdessen werde versucht, die Gerichte mit immer neuen Detailfragen zu befassen, sagte Schmidt bei der Vorlage des Jahresberichts des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt. "Man guckt zu sehr auf das Eigene und nicht auf das Ganze."

Insgesamt stieg die Zahl der Verfahren am Bundesarbeitsgericht im vergangenen Jahr um 16 Prozent auf 4082 und erreichte damit einen neuen Rekordwert in der mehr als 50-jährigen Geschichte des Hauses. "Die Arbeitsbelastung wird aber nicht abnehmen", sagte die Präsidentin. Sie rechnet mit einem weiteren Anstieg der Verfahren. Die Erfolgsaussichten der Kläger sind leicht rückläufig. Bei Revisionen und Rechtsbeschwerden lagen sie 2012 bei 23,5 Prozent, 2011 waren es noch 27 Prozent gewesen.

Sexismus spielt geringere Rolle

Immer öfter muss sich das höchste deutsche Arbeitsgericht auch mit Fällen befassen, bei denen es um den Vorwurf der Altersdiskriminierung geht. 2012 entschied das Gericht unter anderem, dass jüngere Angestellte im öffentlichen Dienst Anspruch auf bis zu vier Tage mehr Urlaub im Jahr haben. Die Richter erklärten die altersabhängige Urlaubsstaffelung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für unwirksam (9 AZR 529/10).

Diskriminierungen wegen des Geschlechts spielten dagegen nicht mehr die Rolle wie noch vor Jahren, sagte die Gerichtspräsidentin. Nach ihrer Einschätzung gibt es jedoch noch vielfach Diskrepanzen bei der Entlohnung von Frauen und Männern.

Weiter beschäftigen müssen sich die Richter in Erfurt auch mit den Arbeitsbedingungen in kirchlichen Einrichtungen. Geklärt werden muss unter anderem die Frage, ob einem Mitarbeiter der Caritas gekündigt werden durfte, weil er aus Protest gegen Missbrauchsfälle die katholische Kirche verlassen hatte. Die Kirchen geraten stärker in den Fokus, weil sie mit 1,3 Millionen Beschäftigten zu einem der größten Arbeitgeber aufgestiegen sind.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen