Nach mehr als 50 Jahren Kuba erwägt Reisefreiheit
09.05.2011, 19:24 UhrIn Kuba erwägt die politische Führung eine Entscheidung von historischer Dimension: Erstmals seit über 50 Jahren könnte es Kubanern bald erlaubt sein, als Touristen in Ausland zu reisen. Der Reformplan sieht auch vor, den freien Kauf und Verkauf von Autos sowie von Häusern und die Aufnahme von Krediten zu erlauben.

"Sozialismus"-Schriftzug in Havanna: der VI. Kongress der Kommunistischen Partei hat im April eine neue Version der Leitlinien für eine neue Wirtschafts- und Sozialpolitik abgesegnet.
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Die kubanische Regierung plant offenbar, ihren Bürgern erstmals seit einem halben Jahrhundert Urlaubsreisen ins Ausland generell zu erlauben. Ein Reformplan der Kommunistischen Partei, der am Montag veröffentlicht wurde, sieht vor, diese Lockerung zu prüfen. Beim Parteitag der Kommunistischen Partei im April waren auf Vorschlag von Staatschef Raúl Castro zahlreiche Reformen zur wirtschaftlichen Öffnung Kubas beschlossen worden.
"Eine Politik prüfen, die es den kubanischen Bewohnern im Land erleichtert, als Touristen ins Ausland zu reisen", heißt es in dem am heutigen Montag an die Bevölkerung verteilten ausformulierten Reformplan der Kommunistischen Partei Kubas, der 313 durch den Parteitag gebilligte Maßnahmen auflistet. Der Beschluss zu den Auslandsreisen wurde offenbar neu in den Reformplan aufgenommen. Details zu Zeitpunkt und Form einer Umsetzung des Vorhabens wurden nicht mitgeteilt.
Ausreisegenehmigung bisher kaum erschwinglich
Die Aufhebung der Reisebeschränkungen gehört zu den Hauptforderungen der kubanischen Bevölkerung. Derzeit müssen sie für Auslandsreisen eine Ausreisegenehmigung beantragen, die 150 Dollar (105 Euro) kostet und damit für kubanische Verhältnisse kaum erschwinglich ist. Zusammen mit weiteren Bearbeitungsgebühren belaufen sich die Gesamtkosten auf rund 400 Dollar. Die Ausreisegenehmigung kann verweigert werden, wird sie ausgestellt, gilt sie für maximal 30 Tage. In den 52 Jahren der kommunistischen Herrschaft in Kuba durften bislang nur herausragende Arbeiter ins Ausland reisen, allerdings auch nur in Länder des ehemaligen Sowjetblocks.

Macht er ernst? Raúl Castro hatte bereits mehrfach Reformen versprochen.
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Bei dem Parteitag im April hatte der kubanische Revolutionsführer Fidel Castro nach mehr als 40 Jahren an der Spitze von Kubas Kommunisten den Posten an seinen jüngeren Bruder Raúl abgegeben, der von ihm bereits den Posten als Staatschef übernommen hatte. Außerdem segneten die Delegierten beim ersten Parteitag seit fast 14 Jahren zahlreiche von Raúl Castro vorgeschlagene Maßnahmen zur Öffnung der Wirtschaft ab.
Selbstständige Arbeit in 180 Bereichen
Zur Verbesserung der Produktivität sollen die Kubaner unter anderem künftig in rund 180 Bereichen selbständig arbeiten dürfen. Außerdem sollen rund eine Million Stellen im öffentlichen Sektor abgebaut, staatliche Subventionen gekürzt und der Staatsapparat dezentralisiert werden. Neu eingeführt wird dem Reformplan zufolge auch die Möglichkeit, dass defizitäre Staatsunternehmen in Insolvenz gehen oder privatisiert werden. Dass dies bislang nicht möglich war, war von Fachleuten als Hindernis für eine Verschlankung und effizientere Ausrichtung des staatlichen Wirtschaftssektors angeführt worden.
Der Reformplan sieht überdies vor, den freien Kauf und Verkauf von Autos sowie von Häusern zu erlauben. Derzeit ist für solche Geschäfte eine Genehmigung der Behörden notwendig, nur uralte US-Autos aus der Zeit vor der kommunistischen Revolution 1959 sind frei verkäuflich. Im Reformplan ist außerdem vorgesehen, dass die Kubaner künftig Kredite aufnehmen können.
Quelle: ntv.de, AFP