Dissertation von 1975 Lammert lässt Doktorarbeit prüfen
29.07.2013, 21:41 Uhr
Norbert Lammert ist seit 2005 Präsident des deutschen Bundestags.
(Foto: picture alliance / dpa)
Gegen Bundestagspräsident Lammert gibt es Plagiatsvorwürfe. Er soll bei seiner Dissertation gemogelt haben. Der CDU-Politiker weist die Vorwürfe zurück. Der Plagiatsjäger ist zwar anonym, aber nicht unbekannt: Auf sein Konto geht bereits ein Rücktritt.
Ein anonymer Plagiatsjäger wirft Bundestagspräsident Norbert Lammert vor, in seiner Doktorarbeit getäuscht zu haben. Auf der Seite "Lammertplag" werde das "wissenschaftliche Fehlverhalten" des CDU-Politikers dokumentiert, heißt es in dem Blog.
Der Plagiatsjäger mit dem Pseudonym "Robert Schmidt" schreibt, er habe auf 42 Seiten von Lammerts Dissertation 21 Quellen gefunden, bei denen es "Unregelmäßigkeiten" gebe. "Hierbei handelt es sich vorwiegend, aber nicht ausschließlich um Plagiate", so der Vorwurf. Lammert habe "einen erheblichen Teil der als verwendet angegebenen Literatur" offenbar nicht gelesen.
Der "Welt" sagte Lammert dazu: "Ich habe meine Doktorarbeit nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt." Allerdings will er die Arbeit untersuchen lassen: "Ich habe die Universität Bochum unverzüglich darum gebeten, die Vorwürfe zu prüfen." Der Deutschen Presse-Agentur teilte Lammert mit, er sei von der wissenschaftlichen Qualität seiner Dissertation überzeugt.
"Gedankliche Eigenarbeit wird nur suggeriert"
Lammert hatte die Dissertation mit dem Titel "Lokale Organisationsstrukturen innerparteilicher Willensbildung - Fallstudie am Beispiel eines CDU-Kreisverbandes im Ruhrgebiet" im Jahr 1974 an der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum eingereicht, 1976 wurde sie veröffentlicht. Lammert wurde 1975 zum Dr. rer. soc. promoviert. Seit 2008 ist Lammert Honorarprofessor an der Uni Bochum.
"Robert Schmidt" schreibt, er habe die Untersuchung nach dem Erreichen von gut einem Drittel der Seiten des Hauptteils abgebrochen. Eine vollständige Dokumentation sei wegen des hohen Zeitaufwands nicht möglich. Zweck der Internet-Veröffentlichung sei es, sowohl die Universität Bochum als auch die Öffentlichkeit zu informieren.
Den Angaben des Internet-Aktivisten zufolge diente Lammert vor allem ein Sammelband des Politologen Wolfgang Jäger als Quelle. In einer E-Mail an die "Welt" schreibt "Robert Schmidt", Lammert habe "insbesondere viele Literaturangaben anderer Autoren übernommen und so getan, als würde er sich selber mit der Materie auseinandersetzen, während er in Wirklichkeit den wissenschaftlichen Diskurs anderer nur nachbildet". An vielen Stellen der Arbeit werde "eine gedankliche Eigenarbeit nur suggeriert".
Der Mann, der Schavan zu Fall brachte
Plagiatsvorwürfe haben bereits eine ganze Reihe von Politikern zu Fall gebracht. Der spektakulärste Fall war der des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), dessen Dissertation "in einem kaum vorstellbaren Ausmaß" aus fremden Texten bestand, wie eine Kommission der Universität Bayreuth feststellte.
"Robert Schmidt" ist derselbe Plagiatsjäger, der bereits Bildungsministerin Annette Schavan zu Fall gebracht hat. Die CDU-Politikerin trat im Februar 2013 zurück, nachdem ihr der Doktortitel entzogen worden war. Ihre Klage gegen die Entscheidung der Universität Düsseldorf ist noch nicht entschieden.
Die "Welt" erläutert, "Robert Schmidt" gelte bei Mitstreitern "als sehr gründlich prüfender Analytiker", der "eine strenge, wenn nicht sogar radikale Auffassung von wissenschaftlichen Standards habe".
Quelle: ntv.de, hvo/dpa