Letzte Ehre für gefallene Soldaten Merkel und Guttenberg trauern
25.02.2011, 18:12 Uhr
Der Stabsgefreite Konstantin M. wurde nur 22 Jahre alt.
(Foto: REUTERS)
Der Verteidigungsminister spricht von "Verzweiflung und Ohnmacht". Doch den Kurs in Afghanistan will er fortsetzen. Kanzlerin Merkel und Guttenberg nehmen mit 600 Trauergästen Abschied von drei erschossenen Soldaten. Die Truppe vor Ort steht aber offenbar nicht mehr hinter dem Konzept der Zusammenarbeit mit einheimischen Sicherheitskräften.
Der Hauptgefreite Georg K. war noch ein Jahr jünger, als er in Afghanistan erschossen wurde.
(Foto: dapd)
Tiefe Trauer um die drei in Afghanistan gefallenen Soldaten: In Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erwiesen mehr als 600 Angehörige, Kameraden und Freunde den von einem afghanischen Soldaten getöteten Panzergrenadieren die letzte Ehre. Bei der Trauerfeier am Heimatstandort der drei Gefallenen in der niederbayerischen Kleinstadt Regen sagte Guttenberg: "Sie wollten helfen, den Menschen in Afghanistan den Weg in eine bessere Zukunft zu bereiten." Doch: "Verloren haben sie dabei ihre eigene Zukunft."
Guttenberg rief trotz des perfiden Attentats eines vermeintlich Verbündeten dazu auf, den Afghanen das Vertrauen nicht aufzukündigen. Damit würde man dem Angreifer nur "nachträglich zum grauenvollen Triumpf" verhelfen. "Was er wollte, darf er nicht erreichen."
Der Anschlag in einem Bundeswehrstützpunkt in der Provinz Baghlan am vergangenen Freitag war der schlimmste Angriff auf deutsche Einheiten seit fast einem Jahr. Der Angreifer, der eigentlich das Lager schützen sollte, feuerte auf deutsche Soldaten und tötete einen 21 Jahre alten Hauptgefreiten, einen 22 Jahre alten Stabsgefreiten und einen 30 Jahre alten Hauptfeldwebel vom Panzergrenadierbataillon 112 in Regen. Sechs weitere deutsche Soldaten wurden verletzt.
Guttenberg lobt Tapferkeit
Guttenberg lobte die Tapferkeit der Soldaten und sprach den Angehörigen sein Mitgefühl aus. "Bei allem Entsetzen: Seien sie fest von uns allen einfach umarmt." Einer der Soldaten hinterlässt eine einjährige Tochter.
Merkel ergriff während der Zeremonie in der Pfarrkirche nicht das Wort. Zusammen mit Guttenberg verneigte sie sich vor den mit einer schwarz-rot-goldenen Flagge bedeckten Särgen.
Verteidigungsminister Guttenberg sprach bei der Trauerfeier den Angehörigen der toten Soldaten sein Mitgefühl aus.
(Foto: dpa)
Unter den mehr als 600 Teilnehmern waren auch die Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg, Horst Seehofer (CSU) und Stefan Mappus (CDU), sowie Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Auf dem Stadtplatz von Regen verfolgten mehrere hundert weitere Menschen die Zeremonie.
Es war die erste Trauerfeier in Deutschland für in Afghanistan gefallene Soldaten in diesem Jahr. Seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes 2001 kamen 48 deutsche Soldaten ums Leben. 30 davon starben im Gefecht oder bei Anschlägen. Die Bundeswehr ist im Rahmen des internationalen Einsatzes für den Norden des Landes zuständig. Ende dieses Jahres soll mit ihrem Abzug begonnen werden.
Zweifel am Einsatz
Der evangelische Militärdekan Alfred Gronbach sprach zum Auftakt der Trauerzeremonie von "lähmender Traurigkeit". Der katholische Militärdekan Reinhold Bartmann nannte den Angriff einen "bewussten Mordanschlag", der auch Zweifel an dem Einsatz hervorrufe. "Diese Fragen rühren uns nicht nur an, sondern sie rühren viele auch auf."
Einen Kurswechsel in Afghanistan schloss Guttenberg trotzdem aus. Die Ausbildung afghanischer Soldaten auch an vorderster Front will er fortsetzen. "Wer im Einsatz in Afghanistan bestehen will, der muss Vertrauen haben, ... auch Vertrauen in die verbündeten Streitkräfte." Die Ausbildung der Afghanen soll den Abzug der deutschen Kampftruppen bis 2014 ermöglichen.
Bei der deutschen Truppe in Afghanistan wachsen aber offenbar Vorbehalte gegen die Einsatz-Strategie der Bundesregierung. Wie die "Berliner Zeitung" berichtet, haben sich Kameraden der erschossenen Männer geweigert, weiterhin mit der afghanischen Armee zusammenzuarbeiten.
Truppe misstraut dem "Partnering"
Die Äußerungen von Bundeswehr-Soldaten, die in der Zeitung zitiert wurden, lassen auf tiefes Misstrauen gegenüber den afghanischen Soldaten schließen. "Sie halten uns für Ungläubige, die nichts in ihrem Land verloren haben", soll ein Soldat in einer SMS-Kurznachricht an einen Kameraden geschrieben haben. Weiterhin soll der Eindruck in der Truppe vorherrschen, die Afghanen seien unzuverlässig und nicht am Dienst interessiert. Die Kameraden der getöteten Männer sollen sogar gemeinsame Patrouillen mit den afghanischen Kräften abgelehnt haben. Mittlerweile sei jedoch das gesamte betroffene Kontingent ausgetauscht worden sein.
Hans-Werner Fritz (vorn) hat das Kommando gerade an Generalmajor Markus Kneip (hinten) übergeben.
(Foto: dpa)
Von offizieller Seite heißt es, die deutschen Soldaten hätten sich der "Partnering" genannten Zusammenarbeit mit den afghanischen Sicherheitskräften bei den Patrouillen nicht verweigert. "Es gibt bisher keine Meldung aus dem Bereich der Truppe, die das belegen würden", zitiert die "Berliner Zeitung" den zuständigen Befehlshaber, Generalmajor Hans-Werner Fritz.
Verteidigungsminister Guttenberg warnte vor pauschalem Misstrauen gegenüber der afghanischen Armee. Das wäre "der gänzlich falsche Schritt", befand er im Bundestag. "Es entspricht unserer Verantwortung, dass wir an unserer Strategie des Aufbaus der afghanischen Sicherheitskräfte und der engen Kooperation mit ihnen auch festhalten."
Quelle: ntv.de, hdr/cba/dpa