Politik

"Klug gewählt" Muslime loben Wulffs Worte

Versöhnen statt spalten: Bundespräsident Wulff hat nach Ansicht Viele den richtigen Ton getroffen.

Versöhnen statt spalten: Bundespräsident Wulff hat nach Ansicht Viele den richtigen Ton getroffen.

(Foto: REUTERS)

Nach Ansicht deutscher Muslime trifft Bundespräsident Wulff bei seiner Rede in der Türkei den richtigen Ton. Sie loben seine versöhnenden Worte und die Brücke, die er zur Türkei schlägt. Auch dass Wulff zur Toleranz gegenüber Christen aufruft, kommt gut an. In Deutschland sollten die Integrationserfolge stärker betont werden, fordert die Bildungsministerin.

Bundespräsident Christian Wulff hat für seine Rede vor dem türkischen Parlament viel Lob bekommen, insbesondere auch von Vertretern deutscher Muslime. Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, zeigte sich zufrieden. "Der Bundespräsident hat sich für eine enge wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Türkei ausgesprochen, er hat klargestellt, dass der Islam demokratiefähig ist und mit seiner Betonung auf die Brückenrolle der Türkei eine Begründung für den Beitritt des Landes zur Europäischen Union geliefert", sagte Kolat der "Berliner Zeitung".

Kolat lobte auch, dass Wulff die türkischen Einwanderer in Deutschland willkommen geheißen habe. Den Bundespräsidenten forderte er auf, sich nun auch in Deutschland mit Vertretern der türkischen Gemeinde zu treffen.

Toleranz kommt an

Positiv reagierte auch der Zentralrat der Muslime (ZMD) in Deutschland. Im Gespräch mit der WAZ-Gruppe bezeichnete der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek die Worte Wulffs als "klug gewählt". Mazyek verglich die Integrationsdebatte in Deutschland mit der um religiöse Minderheiten in der Türkei: "Genau so, wie in der Türkei Christen von Ultra-Nationalisten als Gefahr für die Einheit des Landes betrachtet werden, sehen Rechte in Deutschland hinter jedem Muslim den Untergang des christlichen Abendlandes."

Der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung, Haci Halil Uslucan, lobte gegenüber der Zeitunh, dass Wulff Gemeinsamkeiten zwischen Deutschen und Türken betone, statt "unnötige Distanzen zwischen Mehrheit und Minderheit entstehen zu lassen".

"Christen gehören zur Türkei"

Klimapolitik: Die Präsidenten Deutschlands und der Türkei mit ihren Ehefrauen.

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(Foto: dpa)

Wulff hatte in seiner Rede mehr Toleranz gegenüber den Christen gefordert und die Integrationsdebatte in Deutschland aufgegriffen. "Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei", sagte Wulff in Anspielung auf seine Rede zum Tag der Einheit. Dort hatte er den Islam als Teil Deutschlands bezeichnet. "Die Religionsfreiheit ist Teil unseres Verständnisses von Europa als Wertegemeinschaft." In Deutschland könnten Muslime ihren Glauben "in würdigem Rahmen praktizieren", was an der wachsenden Zahl der Moscheen in der Bundesrepublik ablesbar sei. "Gleichzeitig erwarten wir, dass Christen in islamischen Ländern das gleiche Recht haben, ihren Glauben öffentlich zu leben, theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen", sagte Wulff, der damit auf die rechtlichen Probleme der Christen anspielte, die weniger als ein Prozent der Menschen in dem 70-Millionen-Land Türkei ausmachen.

Türkische Nationalisten betrachten die Christen als potenzielle Gefahr für die Einheit des Landes. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Jahren einige Reformen zugunsten der Christen auf den Weg gebracht, doch gibt es erhebliche Probleme bei der Umsetzung. Präsident Abdullah Gül sagte bei einer Pressekonferenz mit Wulff, dass es in der Türkei natürlich auch christliche und jüdische Staatsbürger gebe: "Ich bin auch deren Präsident."

Reise geht weiter

Wulff war in seiner Rede auch auf die Integrationsdebatte in Deutschland eingegangen. Die türkischen Zuwanderer in der Bundesrepublik "gehören zu unserem Land", machte er deutlich. "Einwanderer haben Deutschland vielfältiger, offener und der Welt zugewandter gemacht." Es gebe aber Integrationsprobleme wie "das Verharren in Staatshilfe, Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung".

Wulff setzt heute seine mehrtägige Türkeireise fort: Im Mittelpunkt stehen Gespräche mit deutschen und türkischen Unternehmern und Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft.

Schavan will Erfolge betonen

Auch aus der Bundesregierung gab es Lob für die Rede des Bundespräsidenten. Bundesbildungsministerin Annette Schavan sagte der "Passauer Neuen Presse", Wulff habe in der Türkei deutlich gemacht, "dass Integration zu den großen gesellschaftspolitischen Aufgaben gehört". Wichtig sei Integrationsbereitschaft auf beiden Seiten: "Wir setzen jetzt positive Zeichen, wenn wir über die bessere Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse beraten, an unseren Universitäten islamisch-theologische Lehrstühle einrichten und bessere Bildungs- und Integrationsangebote prüfen." Gleichzeitig müssten die Migranten in Deutschland Integrationsbereitschaft zeigen.

Schavan rief dazu auf, öfter als bisher über Erfolge bei der Integration zu sprechen. "Integration ist in Deutschland auch eine Erfolgsgeschichte", sagte sie dem Blatt.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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