Politik

Luftangriff in Kundus NATO: Befehlswege missachtet

Der Befehl zur Bombardierung von zwei Tanklastern in Afghanistan wird einem Medienbericht zufolge bei der NATO nach ersten Erkenntnissen als Fehlentscheidung eingestuft. Es habe keine unmittelbare Bedrohung für ISAF-Truppen gegeben.

Die Vorwürfe gegen Oberst Georg Klein werden härter.

Die Vorwürfe gegen Oberst Georg Klein werden härter.

(Foto: AP)

Wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf NATO-Kreise berichtet, habe der deutsche Oberst Georg Klein seine Kompetenz überschritten und die Lage falsch eingeschätzt. Dies ergebe sich aus einem vorläufigen Bericht der Internationalen Schutztruppe Isaf zu dem Angriff bei Kundus, erfuhr die Zeitung.

Es sei "sonnenklar", dass Klein den vorgeschriebenen Befehlsweg nicht eingehalten habe, erklärte ein führender NATO-Offizier der Zeitung. Zu einer Entscheidung von solcher Tragweite sei der deutsche Oberst ohne Rücksprache mit dem Isaf-Hauptquartier nicht befugt gewesen. Es habe keine unmittelbare Bedrohung für ISAE-Truppen und daher auch keine Notwendigkeit für eine schnelle Entscheidung gegeben. Die beiden Tanklaster hätten auf einer Sandbank im Fluss Kundus festgesteckt. Nach Einschätzung der Bundeswehr hätten die beiden Tanklaster als rollende Bomben eingesetzt werden können.

Ministerium: Unbestätigte Spekulationen

Laut ISAF-Bericht waren die beiden Tanklaster beim Zeitpunkt des Angriffs manövrierunfähig und nicht wie von der Bundeswehr behauptet "rollende Bomben".

Laut ISAF-Bericht waren die beiden Tanklaster beim Zeitpunkt des Angriffs manövrierunfähig und nicht wie von der Bundeswehr behauptet "rollende Bomben".

(Foto: AP)

Der Darstellung des nicht näher bezeichneten NATO-Offiziers zufolge ist die Anforderung von Luftunterstützung durch zwei US-Kampfjets, die schließlich die beiden Bomben auf die Tanker abwarfen, nicht zulässig gewesen. Der sogenannte "Close Air Support" dürfe nur angefordert werden, wenn Soldaten am Boden in Gefechte verwickelt seien, zitiert die Zeitung den Offizier.

Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte, die Aussagen des Nato-Offiziers stützten sich auf einen ersten Bericht der Isaf, der als "eine Art Reisebericht" mit unbestätigten Spekulationen zu werten sei. Vor dem Abschluss der Untersuchungen werde das Ministerium nicht zu derartigen Spekulationen Stellung nehmen.

Schneller Abzug gefordert

Derweil hält die Debatte über einen Abzug aus Afghanistan an. FDP und Grüne forderten eine möglichst schnelle Rückkehr der deutschen Soldaten, legten sich aber nicht auf einen konkreten Termin fest. Die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Großbritannien schlugen in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine internationale Afghanistan-Konferenz noch in diesem Jahr vor.

"Ziel muss ein rascher Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sein, möglichst innerhalb der nächsten Jahre", sagte der FDP-Sicherheitsexperte Max Stadler der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Eine wichtige Voraussetzung dafür sei aber, "dass erheblich mehr Polizisten als bisher ausgebildet werden, die für Stabilität und zivile Sicherheit im Land garantieren."

"Die neue Bundesregierung muss nach der Wahl eine Abzugsperspektive entwickeln und diese dann auch einleiten", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. Sie sprach sich für einen Fahrplan der Bundeswehr für einen Rückzug aus Afghanistan innerhalb von vier Jahren aus.

Der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Thomas Raabe, betonte erneut, dass es "keinen überstürzten Abzug aus Afghanistan geben" werde. Zuvor müsse das Ziel erreicht sein, gut 130.000 afghanische Soldaten und eine etwa gleich große Zahl von Polizisten auszubilden.

Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa

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