Politik

Keine Sanktionen gegen den Iran Peking bleibt auf Distanz

In politischen Streitfragen kommen sich Merkel und Wen nicht wirklich näher.

In politischen Streitfragen kommen sich Merkel und Wen nicht wirklich näher.

(Foto: dpa)

Während sich Deutschland und China bei der Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen einig zeigen, offenbaren sich in politischen Fragen Differenzen. Peking lehnt neue Sanktionen im Atomstreit mit dem Iran vehement ab. Dies könne die Probleme nicht lösen, sagt Premier Wen. In der Syrien-Frage wirbt Kanzlerin Merkel für ein Einlenken Chinas.

Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao hat westliche Forderungen nach weiteren Sanktionen gegen den Iran entschieden zurückgewiesen. "Sanktionen können die Probleme nicht lösen", sagte Wen nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Peking. Dem Iran wird vorgeworfen, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms heimlich an Kernwaffen zu arbeiten. Die Führung in Teheran bestreitet die Anschuldigungen. In der Syrien-Frage warb Merkel um ein Einlenken Chinas, das bisher wie Russland als Veto-Macht eine Resolution im UN-Sicherheitsrat verhindert.

Der Iran sei ein komplexes Problem, niemand könne Interesse an einer Verschärfung der Lage etwa durch den Einsatz von Gewalt haben, mahnte Wen. "China pflegt normale Handelskontakte mit dem Iran. Wir sind dagegen, diese zu politisieren", sagte der Ministerpräsident zu Forderungen der USA und Europa, neue Sanktionen gegen das Land zu verhängen. "Wir werden das Prinzip nicht opfern." Dialog und Zusammenarbeit seien das einzige Mittel, das Problem zu lösen. China zählt zu den wichtigsten Importeuren iranischen Öls. Aus deutscher Sicht arbeite der Iran nicht "transparent" genug mit der internationalen Gemeinschaft zusammen, sagte dagegen Merkel.

Chinas Regierungschef plädierte für einen beiderseitigen Ausbau der Investitionen. China erwägt außerdem, den Euro-Staaten im Kampf gegen die Staatsschuldenkrise stärker unter die Arme zu greifen. Am Freitag wird Merkel von Staats- und Parteichef Hu Jintao empfangen, bevor sie nach Guangzhou (Kanton) in Südchina weiterreist. Als "besondere Geste" wird gewertet, dass Wen sie dorthin begleitet.

Sicherheitsrat darf nicht schweigen

Merkel hatte Chinas Führung in einer Rede in Peking zuvor aufgefordert, auch im Falle Syriens den Weg für eine UN-Resolution freizumachen. "Ich finde es angesichts der Situation in Syrien wichtig, dass es eine gemeinsame Sprache der Weltgemeinschaft gibt", sagte Merkel mit Hinweis auf das brutale Vorgehen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gegen die Opposition. Wenn die Arabische Liga deutliche Worte zur Lage in Syrien finde, dann dürfe auch der UN-Sicherheitsrat auf Dauer nicht schweigen.

Merkel wurde mit militärischen Ehren empfangen.

Merkel wurde mit militärischen Ehren empfangen.

(Foto: AP)

Merkel sprach auch die Menschenrechtslage an. Die Intensität der Beziehungen erlaube heute einen Austausch über Themen, bei denen es "auch unterschiedliche Meinungen" gebe. Wirtschaftliche Entwicklung basiere auf innerem Frieden. Dazu seien auch "verlässliche rechtsstaatliche Strukturen" notwendig, mahnte sie. Wie aus Delegationskreisen verlautete, wurde am Rande des Besuches auch eine Liste mit konkreten Bürgerrechtsfällen übergeben. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warnte Merkel indes davor, die Menschenrechte zum "folkloristischen Beiprogramm" ihres Besuchs zu machen.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, forderte derweil die deutsche Wirtschaft zum Einsatz für Menschenrechte in China auf. Die Wirtschaft müsse gerade in jenen Betrieben in China, in die sie investiert habe, dafür sorgen, "dass die internationalen Arbeitsmindestnormen eingehalten werden", sagte Löning Deutschlandradio Kultur. Dies betreffe den Arbeitsschutz, das Recht auf freie Tage und auf einen Betriebsrat, führte Löning aus. Auch bei den Zulieferbetrieben müssten deutschen Unternehmen, die sich in China engagierten, auf diese Mindeststandards achten.

Zeitpunkt für neue Sanktionen ist gekommen

China arbeite daran, die Sechsparteien-Gespräche mit dem Iran wieder aufzunehmen, sagte Wen weiter. Auch die Internationale Atomenergiebehörde solle enger mit dem Land zusammenarbeiten. Die Regierung in Teheran sei dazu bereit. China lehne es ab, dass irgendein Land im Nahen Osten Atomwaffen entwickle, so Wen. "Deutschland wünscht sich genauso wie China, dass diese Gespräche endlich wieder in Gang kommen", sagte Merkel. "Der Iran hat leider wenig Bereitschaft gezeigt, dies zu tun." Es gebe große Sorge, dass das Nuklearprogramm voranschreitet. Durch Nichtbeteiligung des Iran an den Gesprächen sei jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, neue Sanktionen zu erlassen.

Der jüngste Iran-Besuch einer IAEA-Delegation hat nach Einschätzung von Diplomaten in der Sache kaum Fortschritte gebracht. Es seien vornehmlich Verfahrensfragen erörtert worden, sagten Diplomaten in Wien. Inhaltliche Diskussionen seien dagegen nicht geführt worden. Dagegen sprach der stellvertretende IAEA-Chef und Delegationsleiter Herman Nackaerts von einer guten Reise in den Iran. Es müsse aber noch viel Arbeit geleistet werden. Um den Druck auf Teheran zu erhöhen, hatten die EU und die USA kürzlich ein Ölembargo beschlossen.

Nach Angaben des israelischen Geheimdienstes besitzt der Iran bereits genug Uran für den Bau von vier Atombomben. Die Geheimdienste der Welt seien sich mit Israel einig, dass der Iran 100 Kilogramm auf 20 Prozent angereichertes Uran besitze, sagte Militärgeheimdienstchef Awiw Kotschawi bei einer internationalen Sicherheitskonferenz in Herzlija. Israel habe "Beweise", dass die Iraner versuchten, an Atomwaffen zu gelangen. Nach Angaben von Kotschawi würde der Iran ein Jahr zum Bau einer Atombombe brauchen, sobald ein entsprechender Befehl von der Teheraner Führung erteilt würde. Nach Ansicht von Experten, besitzt Israel selbst 100 bis 300 Atomsprengköpfe. Offiziell hat Israel den Besitz der Atomwaffe nicht bestätigt, jedoch auch nie dementiert.

Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa

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