Für autonomes Sibirien Performance-Künstler fordert Kreml heraus
06.08.2014, 14:32 Uhr
Artjom Loskutow fordert mehr Autonomie für Sibirien.
(Foto: Screenshot instagram.com/kissmyba)
Während Moskau in der Ukraine-Krise auf Selbstbestimmung verweist, sieht der Kreml das im eigenen Land völlig anders. In Russland müssen Medien Interviews mit einem Aktivisten entfernen, der für eine "Republik Sibirien" eintritt.
In gut zwei Wochen soll in Nowosibirsk eine Veranstaltung stattfinden, die die Regierung in Moskau herausfordert. Dort soll am 17. August für die Selbstbestimmung Sibiriens demonstriert werden - eine Forderung, die für den Kreml unakzeptabel ist.
Die Zentralregierung nimmt die Sache so ernst, dass sie die Berichterstattung über die nicht genehmigte Demonstration mit drastischen Mitteln einzuschränken versucht. So wurde mit slon.ru eines der wenigen vom Kreml unabhängigen russischen Nachrichtenportale von den Behörden ultimativ aufgefordert, ein Interview mit einem der Organisatoren, Artjom Loskutow, innerhalb von 24 Stunden von der Seite zu nehmen. Der Text ging offline, doch slon.ru droht dem Vernehmen nach dennoch die Schließung - wegen der Förderung von Extremismus.
Auch die russischsprachige Website der BBC bekam Post. Sie hatte ebenfalls ein Interview mit Loskutow veröffentlicht, einem russischen Performance-Künstler. Die Medienaufsicht forderte die BBC auf, das Gespräch zu entfernen. Andernfalls könnte das Angebot komplett blockiert werden. Die Briten weigern sich jedoch, der Aufforderung Folge zu leisten. Am Mittwoch waren sowohl das Interview als auch das russischsprachige BBC-Angebot zugänglich.
"Idiotische Gesetze"
Wie ernst es Loskutow mit der Autonomie Sibirens ist, ist unklar. In einem Blogeintrag hatte der die Demonstration als "teils Parodie, teils Provokation, aber auch wirklichen Versuch, Autonomie zu erreichen" bezeichnet. Der Künstler hat schon mehrere Proteste mit absurden Slogans organisiert. Zugleich gilt es als jemand, der schon seit längerem für mehr Selbstständigkeit der rohstoffreichen Region eintritt, die rund drei Viertel des russischen Territoriums umfasst.
Das Motto der Demonstration solle "Wir haben Moskau genug gefüttert" lauten, forderte Loskutov im Interview mit slon.ru. "Wir geben alle Rohstoffe ab und bekommen im Gegenzug eine Menge idiotischer Gesetze." Ziel sei eine sibirische Republik innerhalb der Russischen Föderation. Das sei völlig im Einklang mit der Verfassung - und kein Separatismus. In dem im Sozialen Netzwerk Vkontakte aufgestellten Veranstaltungshinweis heißt es, dass ein größerer Teil der Einnahmen aus Sibiriens Rohstoffvorkommen der dortigen Bevölkerung zugutekommen müsse. Vor allem Menschen, die in der Arktis oder der Tundra lebten, sollten davon profitieren.
Loskutow weiß, dass die Reaktion des Kremls mit Blick in die Ukraine nicht ohne unfreiwillige Ironie ist. So hat Außenminister Sergej Lawrow das umstrittene Unabhängigkeitsreferendum der Krim mit dem Recht auf Selbstbestimmung verteidigt. Und in den Regionen um Donezk und Lugansk hatten Separatisten "Volksrepubliken" ausgerufen und sich von der Ukraine unabhängig erklärt. "Wenn wir solche Rhetorik als legitim präsentiert bekommen, werden wir sie auch nutzen", sagte Loskutow. Ob er sich selbst zum Bürgermeister von Nowosibirsk ernennt? "Das kann ich nicht kommentieren."
Quelle: ntv.de