Streit mit Kosovo eskaliert Serben zünden Grenze an
27.07.2011, 22:52 Uhr
Der Grenzübergang Jarinje brennt.
(Foto: REUTERS)
Der Grenzstreit zwischen dem Kosovo und Serbien führt zu ersten Gewaltopfern. NATO, EU und die USA rufen beide Seiten zur Mäßigung auf. Die Lage bleibt unübersichtlich. Unklar bleibt auch, wer in Zukunft die beiden Grenzübergänge im Norden Kosovos kontrolliert. Die KFOR-Schutztruppe versichert, keine Eskalation zuzulassen.
Aufgebrachte Angehörige der serbischen Minderheit haben am Abend im Norden Kosovos den umkämpften Grenzübergang Jarinje zur Nachbarrepublik Serbien in Brand gesteckt. Etwa 50 maskierte Angreifer verwüsteten den Grenzpunkt, der seit zwei Tagen von der Kosovo-Regierung kontrolliert wird. Die internationale Schutztruppe KFOR verlegte starke Einheiten in die Nähe des Grenzübergangs, um die Ausweitung der Gewalt zu verhindern.
Jarinje war bereits vor drei Jahren von aufgebrachten Serben niedergebrannt worden. Im Kern der Auseinandersetzung geht es um die Kontrolle Nordkosovos mit seiner kompakten serbischen Minderheit. Die Kosovo-Regierung hatte am Montag die beiden bisher serbisch kontrollierten Grenzübergänge mit Polizei-Sondereinheiten besetzt, um dort "Recht und Ordnung" durchzusetzen. Darauf hatten die Serben mit Straßenblockaden geantwortet.
Tadic versucht zu beruhigen
Der serbische Staatspräsident Boris Tadic appellierte an seine Landsleute im Kosovo, ihre Angriffe einzustellen. Diese Gewalt schade den Interessen Serbiens. Serbien hofft, bis zum Jahresende den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu erhalten. Voraussetzung ist ein entspanntes Verhältnis zu der vor drei Jahren abgefallenen und heute selbstständigen früheren serbischen Provinz Kosovo.
Die NATO, die EU und die USA riefen hatten beide Seiten zur Mäßigung aufgerufen. Sie sollten wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. Der Oberbefehlshaber der internationalen KFOR-Schutztruppe, der deutsche General Erhard Bühler, versicherte, seine Soldaten würden keine Eskalation der Gewalt zulassen.
Streit um Importvebrote

Die Regierung in Pristina schickte Polizei-Spezialeinheiten. Die ethnischen Spannungen in der geteilten Stadt Mitrovica nehmen zu.
(Foto: REUTERS)
Hintergrund des Gewaltausbruchs ist der Streit um die Kosovo-Zollstempel, die Serbien nicht anerkennen will. Dadurch können Waren aus dem Kosovo nicht nach Serbien gelangen. Die Kosovo-Regierung hatte deshalb als Antwort am vergangenen Mittwoch ein Importverbot für serbische Waren verhängt. Während dieses Verbot an anderen Grenzübergängen durchgesetzt wurde, lief der Handel über die beiden jetzt eingenommenen Übergänge im Norden reibungslos weiter. Dort hat eine Minderheit von 60.000 Serben das Sagen, die die Regierung in Pristina nicht anerkennt. In der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo stellen die Albaner mit 90 Prozent der Bevölkerung die Mehrheit.
Die Lage eskalierte, als die Kosovo-Regierung mitteilte, die beiden umstrittenen Grenzübergänge würden in Zukunft von ihrer Grenzpolizei und ihrem Zoll kontrolliert werden, und schwer bewaffnete Spezialeinheiten der Polizei schickte, um das Embargo durchzusetzen. Als Antwort blockierte die serbische Minderheit zwei Transitstraßen, wodurch der Verkehr von und nach Serbien unterbrochen wurde. Wegen des Streits ruhen auch die von der EU vermittelten Verhandlungen zwischen beiden Seiten in Brüssel. Serbien erkennt die 2008 erklärte Unabhängigkeit Kosovos nicht an. Weit über 70 Staaten haben diesen jüngsten europäischen Staat inzwischen anerkannt, doch Serbien möchte die Provinz wieder zurückerhalten.
Quelle: ntv.de, hdr/dpa/AFP