Afrikanische Union scheitert in Libyen Rebellen lehnen Friedensplan ab
11.04.2011, 20:58 Uhr
Nach dem Treffen mit der Afrikanischen Union zeigte sich Gaddafi einmal mehr kampfbereit.
(Foto: REUTERS)
Der Friedensplan der Afrikanischen Union für Libyen ist gescheitert. Die Rebellen lehnen den Lösungsvorschlag ab, weil darin Gaddafis Rückzug nicht besiegelt werde. Zudem fordern die Aufständischen einen Wechsel des politischen Systems. Diktator Gaddafi hatte dem Friedensplan zuvor zugestimmt.
Die Aufständischen in Libyen haben den Friedensplan der Afrikanischen Union abgelehnt. Ihre Kernforderung, der Rückzug von Machthaber Muammar al-Gaddafi und seinen Söhnen, werde nicht berücksichtigt, teilten die Rebellen in Benghasi zur Begründung mit. Der Rebellenrat verlange den Abgang Gaddafis ab dem Tag, an dem ein Friedensplan in Kraft trete, sagte der Vorsitzende Mustafa Abdel Dschalil. Ein Sprecher bemängelte zudem, der Vorschlag gehe von einer Reform des politischen Systems aus. Dieses würden die Rebellen jedoch ersetzen wollen.

Die Präsidenten Südafrikas und Kongos, Zuma und Nguesso (links), verhandeln mit Gaddafi (rechts) über den Plan.
(Foto: REUTERS)
Zuvor hatte die Afrikanische Union erklärt, dass Gaddafi ihren Plan, der eine Waffenruhe und Diskussionen über die Forderungen der Aufständischen vorsieht, akzeptiert habe. Die Präsidenten von Südafrika, Mali, Mauretanien, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo hatten Gaddafi am Sonntag ihre Vorstellungen vorgelegt.
Rebellen stellen Forderungen
"Die Welt hat diese Angebote zum Waffenstillstand bereits gehört und 15 Minuten später hat Gaddafi erneut geschossen", hatte ein Rebellensprecher bereits im Vorfeld seine Skepsis deutlich gemacht. Die Aufständischen hatten zudem gefordert, dass die Meinungsfreiheit respektiert werden müsse: "Den Menschen muss es erlaubt werden, für ihre Meinung auf die Straße zu gehen." Zugleich hatte der Sprecher die Freilassung mehrerer hundert Menschen verlangt, die seit Beginn des Volksaufstands als vermisst gelten und in der Hand der Truppen Gaddafis sein sollen.
Die arabische Tageszeitung "Al-Sharq Al-Awsat" meldete, internationale Vermittler hätten dem Übergangsrat in Bengasi signalisiert, dass Gaddafi inzwischen bereit sei, die Macht für eine Übergangszeit an seinen Sohn Saif al-Islam zu übergeben. Er selbst wolle dann nur noch eine "symbolische Rolle" spielen. Ziel sei die Umwandlung Libyens in eine demokratische Republik.
Die panafrikanische Organisation hatte sich zuletzt wiederholt für eine Verhandlungslösung in Libyen stark gemacht. Sie verweigert sich aber der Forderung der Aufständischen und des Westens, dass Gaddafi die Macht abgeben und mit seiner Familie das Land verlassen müsse.
NATO trifft sich in Berlin
Doch auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle bewertet die Ankündigungen des Gaddafis zur Einwilligung in eine Waffenruhe zurückhaltend und dringt weiter auf eine politische Lösung. Die Bemühungen um einen Waffenstillstand seien richtig, sagte Westerwelle. "Aber bisher hat das Regime Gaddafi allen Ankündigungen niemals Taten folgen lassen", fügte er hinzu. Ein Sprecher Westerwelles bekräftige, die Bundesregierung sehe für Libyen eine "gute Zukunft" nur ohne Gaddafi. Dieser stehe in der Pflicht, nicht nur die von den Vereinten Nationen geforderte Waffenruhe endlich einzuhalten, sondern auch den Weg freizumachen für eine politische Lösung. Westerwelle will sich beim ersten Treffen der so genannten Libyen-Kontaktgruppe am Mittwoch in Katar dafür einsetzen, Fortschritte in Richtung einer politischen Lösung in Libyen zu machen.
Bei den Gesprächen, an denen auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen teilnehmen soll, wird es den Angaben zufolge darum gehen, wie die Bedingungen für einen dauerhaften Waffenstillstand geschaffen und der politischen Prozess für die Zeit nach einem Rücktritt Gaddafis vorangebracht werden können. Die Ereignisse in Libyen werden auch Thema auf dem NATO-Außenministertreffen sein, zu dem Westerwelle und Rasmussen für Donnerstag und Freitag nach Berlin geladen haben. Es ist das erste Außenministertreffen des Verteidigungsbündnisses seit 1996.
EU-Einsatz möglich
Die EU bereitet sich derweil auf humanitäre Einsätze vor, um der notleidenden Zivilbevölkerung zu helfen. Daran soll sich auch die Bundeswehr beteiligen. Für eine solche Mission zeichnet sich eine breite Mehrheit im Bundestag ab. Die SPD befürchtet allerdings, dass humanitäre Einsätze nicht ohne Soldaten am Boden abgesichert werden können. Der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", in diesem Fall wäre es "bloß noch ein kleiner Schritt, bis man tatsächlich in Kampfhandlungen verwickelt ist".
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon "die Bereitschaft der EU zum Handeln". Voraussetzung ist eine entsprechende Bitte des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA). Im Gespräch ist unter anderem ein Hilfseinsatz für die Menschen in Misrata.
Der inoffizielle "Außenminister" der libyschen Opposition, Mahmud Jibril, trifft sich am Dienstag mit den Außenministern der 27 EU-Staaten. Am Rande eines Ministertreffens in Luxemburg werde er "informell" mit den EU-Ressortchefs sprechen, sagte ein Diplomat. Diese bedeute jedoch nicht, dass der Übergangsrat als rechtmäßige Regierung anerkannt werde.
Die Rebellen haben unterdessen die Stadt Adschdabija im Osten des Landes nach heftigen Kämpfen wieder eingenommen, wie Medien der Aufständischen meldeten. Sie erklärten zudem, ihren Kämpfern in der westlichen Stadt Misurata sei es gelungen, einen Angriff der Truppen Gaddafis zurückzuschlagen. In den vergangenen 20 Tagen sind in Misurata nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef mindestens 20 Kinder bei Kampfhandlungen getötet worden. In der siebten Woche der Belagerung durch Gaddafis Truppen seien in der Stadt zehntausende Kinder gefährdet.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP