Vormarsch der ukrainischen Armee Rebellen räumen auch Kramatorsk
05.07.2014, 20:23 Uhr
Entspannung nach den Erfolgen: Ukrainische Soldaten.
(Foto: AP)
Die Separatisten im Osten der Ukraine ziehen sich auf breiter Front zurück. Nach ihrer Hochburg Slawjansk räumen sie nun auch ihren Stützpunkt in Kramatorsk. Präsident Poroschenko will aber noch nicht in Euphorie verfallen - aus gutem Grund.
Im Ukraine-Konflikt haben die prorussischen Separatisten nach dem Verlust ihrer Hochburg Slawjansk auch den benachbarten Stützpunkt Kramatorsk aufgegeben. Nach massivem Vorrücken der Armee würden sich die militanten Gruppen nun in der Großstadt Donezk sammeln, sagte ein Sprecher der Aufständischen.
Die Führung in Kiew nannte die Rückeroberung der beiden Orte "einen der größten Siege" seit Beginn der "Anti-Terror-Operation" Mitte April. Sie gilt auch als Erfolg für den seit einem Monat amtierenden Präsidenten Petro Poroschenko, der wegen seiner einseitigen Waffenruhe kritisiert worden war. Radikale Kräfte fordern einen harten Kurs gegen Separatisten.
Poroschenko befahl der Armee, die Offensive fortzusetzen. "Ich bin von Euphorie weit entfernt. Die Lage bleibt sehr kompliziert. Die Terroristen graben sich nun in den großen Städten ein", sagte der Staatschef in Kiew. Die Erfolge gäben ihm aber recht, dass er die Waffenruhe nicht verlängert habe. "Die Kämpfer haben die Feuerpause nicht unterstützt. Jetzt erhalten sie ihre verdiente Strafe dafür."
In die befreiten Orte sollten unverzüglich Brot, Wasser, Zucker und Fleisch gebracht werden, befahl der Präsident. "Außerdem sind bereits Arbeiter auf dem Weg, um die zerstörten Gebäude sowie Wasser- und Energieleitungen zu reparieren", betonte Poroschenko. Geheimdienstchef Valentin Naliwajtschenko sprach sich für eine Amnestie in den zurückeroberten Städten aus. "Viele normale Bürger dort unterlagen der Propaganda der Separatisten. Sie sollten eine zweite Chance erhalten", unterstrich er in Kiew.
Rebellen sprechen von taktischem Rückzug
Die Aufständischen wollten nicht von einer Niederlage reden. Die Kämpfer seien nicht vor der Armee aus Slawjansk geflohen, sondern sie hätten lediglich zum Schutz der Zivilbevölkerung die Stellung gewechselt, sagte der Separatistenanführer Andrej Purgin. "Unser Widerstand ist nicht gebrochen", versicherte er. "Das ist ein taktischer Rückzug", meinte sein Kollege Denis Puschilin, "Wir werden noch siegreich nach Slawjansk zurückkehren." Wenige Stunden später gaben die Aufständischen ihre Stellungen in Kramatorsk auf. "Der Ort ist ungünstig gelegen. Wir hatten dort kaum befestigte Stellungen, daher ordnete die Führung den Rückzug aus der Stadt an", begründeten die Separatisten nach Angaben der Agentur Ria-Nowosti die Entscheidung.
Unklarheit herrschte über ein ursprünglich für diesen Samstag angedachtes Krisentreffen unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Sowohl die Führung in Kiew als auch Vertreter der Separatisten bekräftigten erneut ihre Bereitschaft. Allerdings gab es bis zum Nachmittag keinen Hinweis auf mögliche Verhandlungen.
Separatistenanführer Purgin brachte als die weißrussische Hauptstadt Minsk als Ort für Gespräche über eine Feuerpause ins Spiel. "Die Führung in Kiew will wegen der Kämpfe nicht nach Donezk kommen, und die Vertreter der Volkswehr wiederum können wegen einer Sanktionsliste nicht nach Europa - da wäre Minsk ein Kompromiss", sagte Purgin. Der ukrainische Präsident Poroschenko hatte sich bereits zuvor zu Gesprächen bereiterklärt. Eine erneute einseitige Waffenruhe schloss er aber aus.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa