Abspaltung wird immer wahrscheinlicher Russen wollen sich die Krim sichern
27.02.2014, 17:40 Uhr
Das von Bewaffneten besetzte Regionalparlament auf der ukrainischen Halbinsel Krim setzt ein Referendum über den künftigen Status der autonomen Republik für den 25. Mai an. Russland will die Rechte seiner Landsleute auf der Krim "stark und kompromisslos" verteidigen. Die Nato ist extrem besorgt.
In der Ukraine-Krise rückt die Halbinsel Krim immer mehr in das Blickfeld. In der Hauptstadt Simferopol besetzten Bewaffnete das Regionalparlament und hissten die russische Flagge. Am Abend setzten sie ein Referendum über den künftigen Status der autonomen Republik an. Der Volksentscheid sei in einer Abstimmung für den 25. Mai festgelegt worden, hieß es in Simferopol.
Die mehrheitlich russischsprachige Bevölkerung auf der Krim fürchtet seit dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch um ihre kulturelle Selbstbestimmung. Russland warnte, es werde die Rechte seiner Landsleute auf der Halbinsel Krim "stark und kompromisslos" verteidigen.
n-tv Korrespondent Dirk Emmerich ist in Simferopol und twittert von dort über die aktuelle Entwicklung auf der Krim-Halbinsel.
Die Nato ist beunruhigt über die dramatischen Entwicklungen auf der Krim und hat besonders Russland aufgerufen, einen kühlen Kopf zu bewahren. "Ich bin extrem besorgt über die Entwicklungen", sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel. "Lasst uns die Spannungen abbauen", mahnte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel an Russland gerichtet.
"Ich fordere Russland dringend auf, keine Handlungen zu unternehmen, die Spannungen verschärfen oder zu Missverständnissen führen können", sagte auch Rasmussen. Alle Seiten müssten Provokationen vermeiden. Der Nato-Generalsekretär äußerte sich bei Beratungen der Verteidigungsminister der Allianz, die von den sich überschlagenden Ereignissen in der Ukraine überschattet wurden.
Russland hatte am Mittwoch an der Grenze zur Ukraine seine Truppen für ein großes Militärmanöver mobilisiert. Später besetzte dann eine Gruppe offenbar prorussischer Männer das Parlamentsgebäude und den Regierungssitz in Simferopol. Ukraines Interimspräsident Alexander Turtschinow rief Russland auf, seine Truppen auf der Krim in ihren Stützpunkten zu lassen.
Das russische Militärmanöver werde genau beobachtet, sagte Hagel. "Ich erwarte, dass Russland Transparenz zu diesen Aktivitäten schafft, und ich fordere es auf, keine Schritte zu unternehmen, die falsch verstanden werden oder zu Fehleinschätzungen führen können", fügte der US-Verteidigungsminister hinzu. "Provokative Aktionen" von allen Seiten müssten unterbleiben.
Janukowitsch beansprucht das Präsidentenamt
Janukowitsch will sich offenbar an diesem Freitag auf einer Pressekonferenz in Russland zu Wort melden. Das Treffen mit dem abgesetzten Staatsoberhaupt sei um 17.00 Uhr (14.00 Uhr MEZ) in der Stadt Rostow am Don rund 1000 Kilometer südlich von Moskau geplant, meldeten russische Agenturen. Zuvor hatte Janukowitsch nach einer Mitteilung gesagt, er sei weiterhin Präsident der Ex-Sowjetrepublik. Der 63-Jährige war nach dem Machtwechsel in Kiew am Wochenende vom Parlament in Kiew abgesetzt worden und geflüchtet. Das neue Parlament hat derweil den 39 Jahre alten Arseni Jazenjuk zum Regierungschef gewählt.
Angesichts der Krise in der Ukraine gibt es in der Nato Befürchtungen, dass sich der Konflikt in ihrer Nachbarschaft zu einem Unruheherd auswächst. "Die Lage ist sehr unübersichtlich und schwierig, und es ist jetzt wichtig, dass vor allem ein Auseinanderbrechen der Ukraine verhindert wird und die besonnenen Kräfte im Land gestärkt werden", sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen.
Russen drehen den Geldhahn zu
Derweil drehen die größten russischen Banken den Firmen in der Ukraine zusehends den Kredithahn zu. Das zweitgrößte Geldinstitut VTB schloss sich dem russischen Branchenprimus Sberbank an und legte die Darlehensvergabe in dem westlichen Nachbarland praktisch auf Eis. Es sei im Moment schwer, die Risiken in der Ukraine abzuschätzen, sagte VTB-Chef Andrej Kostin. Russische Banken sind laut Präsident Wladimir Putin mit Darlehen von umgerechnet rund 20 Milliarden Euro in der Ukraine engagiert.
Die Zentralbank des von der Zahlungsunfähigkeit bedrohten Landes arbeitet gemeinsam mit der neuen Führung in Kiew an einem Krisenprogramm. Gleichzeitig soll der Internationale Währungsfonds (IWF) für dringend benötigte Hilfsgelder ins Boot geholt werden. Während andere ausländische Kreditgeber nach dem Ausbruch der Finanzkrise ihre Marktpräsenz in der Ukraine deutlich verringerten, hielten die russischen Geldinstitute die Stellung. Insgesamt stellen sie einen Marktanteil von rund zwölf Prozent.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/rts/AFP