Vorwurf: Vetternwirtschaft SPD nennt Niebel Lügner
29.01.2012, 08:37 UhrDie SPD wirft Entwicklungsminister Niebel vor, die Ausschreibung einer Stelle in seinem Ministerium nur inszeniert zu haben - schon im Oktober habe festgestanden, dass eine Parteifreundin aus Baden-Württemberg die Stelle bekommt. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Auswahlverfahren offiziell gerade erst begonnen.
Der Streit um die Personalpolitik im FDP-geführten Entwicklungsministerium spitzt sich zu. Der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sascha Raabe, warf Minister Dirk Niebel vor, die Unwahrheit gesagt zu haben. "Er hat ganz klar die Presse und die Öffentlichkeit belogen", sagte Raabe der Nachrichtenagentur dpa.
Das Ministerium wies den Vorwurf zurück. In dem Streit geht es um die frühere Ettlinger Oberbürgermeisterin Gabriela Büssemaker, eine FDP-Politikerin aus Niebels Landesverband Baden-Württemberg. Erst vor wenigen Tagen hatte Niebel Büssemaker als neue Leiterin der Servicestelle "Engagement Global" seines Ministeriums vorgestellt.
Anzeige gegen Niebel
Raabe hat bereits Anzeige gegen Niebel wegen des Verdachts der Untreue erstattet und dies damit begründet, dass das Ministerium Büssemaker die Stelle bereits im Oktober versprochen habe, obwohl über deren Vergabe offiziell erst Anfang Januar entschieden worden sei.
Als Beleg dient der SPD ein Interview Büssemakers mit der Zeitung "Boulevard Baden" vom 16. Oktober. Auf die Frage nach ihrer beruflichen Zukunft sagte sie dort: "Ich sage nichts über meinen künftigen Job, weil die Rahmenbedingungen das nicht erlauben. Ich habe Vertraulichkeit zugesichert und halte das ein. Der Arbeitgeber wird das selbst bekanntgeben Ende des Jahres." Auf die Frage, ob alles schon in trockenen Tüchern sei, sagte sie: "Ja." In spätestens acht Jahren wolle sie allerdings "zur Rente" zurück nach Ettlingen kommen.
Niebel weist Vorwurf zurück
Im Bundestag erklärte Niebel dazu, er habe Büssemaker zu keinem Zeitpunkt etwas zugesagt oder zusagen lassen. Er habe sie am Ende des Bewerbungsverfahrens aus den verbliebenen 3 von ursprünglich 133 Bewerbern ausgewählt.
Den Vorwurf der Lüge begründet Raabe damit, dass Niebel bei der Eröffnung der Servicestelle betonte, er habe die Bewerbungen Büssemakers nicht gesehen und mit einer Vorentscheidung nichts zu tun gehabt. Raabe sieht darin einen Widerspruch zu einer Aussage der Parlamentarischen Entwicklungsstaatssekretärin Gudrun Kopp (FDP).
Diese wiederum sagte am 25. Januar in einer Fragestunde des Bundestags: "Nach dem Erscheinen der Stellenanzeige (...) hat Gabriela Büssemaker bei Bundesminister Dirk Niebel telefonisch nachgefragt, ob sie sich auch bewerben könne, was dieser unter Verweis auf die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Stelle bejaht hat."
Eine Sprecherin des Entwicklungsministeriums sagte dazu, alle Fragen seien beantwortet. "Die Tatsache, dass der Minister mit Frau Büssemakers telefoniert hat, widerspricht in keiner Weise der bisherigen Darstellung."
"FDP-Rettungsprogramm"
Raabe kennt nach eigenen Angaben eine weitere Bewerberin, deren Namen er allerdings nicht nennen will. Unter Berufung auf diese Frau sagte er, anders als vom Ministerium am 21. Dezember zugesagt, habe es keine entscheidenden Endgespräche in dem Bewerbungsverfahren gegeben. Die Frau sei vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
Niebel steht nicht nur wegen der Personalie Büssemaker in der Kritik, die Oppositionsfraktionen, aber auch Fachpolitiker aus den Reihen der Union, werfen ihm ganz grundsätzlich vor, Vetternwirtschaft in seinem Ministerium zu betreiben. Auch in einem Bericht des Personalrats des Ministeriums ist von "so mancher schwer verdaulichen Personalentscheidung" die Rede. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sprach von "Niebels FDP-Rettungsprogramm".
Niebel hatte unmittelbar nach Amtsantritt die staatseigenen Entwicklungsorganisationen GTZ, Inwent und DED zur Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) fusioniert. Für diese Reform hatte er parteiübergreifend Zuspruch bekommen.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa