Politik

"Nicht infizieren lassen" Seehofer fürchtet FDP-Virus

Außenminister Westerwelle allein auf der Regierungsbank.

Außenminister Westerwelle allein auf der Regierungsbank.

(Foto: dpa)

Ausdrücklich spricht der CSU-Chef nicht davon, dass er die Möglichkeit eines Koalitionsbruchs in Erwägung zieht. Doch Seehofer warnt die Union davor, sich von der FDP "infizieren" zu lassen. "Das wäre ein Punkt, an dem man schon nachdenken müsste." CDU-Generalsekretär Gröhe formuliert zurückhaltender, zeigt sich jedoch nicht weniger besorgt.

CSU-Chef Horst Seehofer befürchtet, dass die Schwierigkeiten der FDP auch die Union schädigen könnten. In der "Süddeutschen Zeitung" warnte er davor, sich von der Schwäche des liberalen Koalitionspartners "infizieren" zu lassen. Es müsse vermieden werden, dass die Schwäche der FDP die Union belaste.

"Im Moment habe ich diese Befürchtung nicht. Aber es wäre ein schwieriger Moment, wenn eine Infektionsgefahr auftreten würde", sagte Seehofer. "Das wäre ein Punkt, an dem man schon nachdenken müsste", fügte er hinzu, ohne ein Platzen der Koalition ausdrücklich beim Namen zu nennen. "Wir drohen nichts an. Jeder weiß, wie ernst die Situation ist."

"Die Probleme in der FDP sind Sache der FDP", sagte Seehofer. Aber: "Die Handlungsfähigkeit der Koalition in Berlin darf darunter nicht leiden." Mit Blick auf die erstarkten Grünen sagte er: "Wir reden mit der FDP und sind in der Koalition treu. Wir suchen aber auch das Gespräch mit der Opposition."

Gröhe ebenfalls besorgt

Philipp Rösler hat einen klaren Auftrag: Er soll die FDP retten.

Philipp Rösler hat einen klaren Auftrag: Er soll die FDP retten.

(Foto: dpa)

Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe zeigte sich besorgt über den Zustand der FDP. "Schwierigkeiten eines Partners tun einer Koalition nicht gut", sagte Gröhe der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Angesprochen auf die jüngste Forsa-Umfrage, in der Schwarz-Gelb zusammen auf nur noch 33 Prozent kommt, sagte Gröhe: "Da gibt es nichts zu deuteln, das nehmen wir sehr ernst."

Gröhe sagte, er hoffe, dass die Neuaufstellung der FDP zum Erfolg führen werde. Den künftigen FDP-Chef Philipp Rösler halte er für führungsstark. "Er weiß, was er will. Niemand sollte ihn wegen seiner freundlichen Art unterschätzen." Rösler werde "ein guter Mannschaftskapitän" sein.

"FDP in sehr, sehr schwieriger Phase"

Ähnlich besorgt zeigte sich CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Sie sieht die FDP auch nach dem Abgang von Guido Westerwelle als Parteichef und der Entscheidung für Rösler als Nachfolger in einer "sehr, sehr schwierigen Phase".

Es werde noch einige Zeit dauern, bis die neue Führungsriege der Liberalen mit ihrer Handschrift erkennbar werde, sagte Hasselfeldt dem SWR. "Das geht nicht von heute auf morgen und nicht mit dem Umdrehen eines Schalters." Sie hoffe aber, "dass schnell die Handlungsfähigkeit erreicht wird". Natürlich sei es auch für die gesamte Koalition eine "sehr schwierige Zeit".

"Schwere Zeiten kommen auf FDP zu"

Die neue und die alte FDP: Christian Lindner und Rainer Brüderle.

Die neue und die alte FDP: Christian Lindner und Rainer Brüderle.

(Foto: REUTERS)

Der Geschäftsführer der Forschungsgruppe Wahlen, Matthias Jung, sieht die FDP noch nicht auf dem richtigen Weg. "Die Diskussion dreht sich zu stark um Personalfragen", sagte er dem "Mannheimer Morgen". "Das scheinbare Hauptproblem Westerwelle zu ersetzen, ist nicht die Lösung."

Die FDP müsse eine Politik vertreten, die ihrer bürgerlichen Wählerschaft wieder glaubwürdig erscheine. "Zurzeit sehen wir jedoch, wie die gerade mühsam beendete Diskussion um Steuererleichterungen, die ja die FDP in die Glaubwürdigkeitsfalle getrieben hat, wieder losgeht", sagte Jung. "Da kommen noch schwere Zeiten auf die FDP zu." Nach seiner Einschätzung "lässt sich die FDP nur schwer stimmig für eine bestimmte Zielgruppe positionieren".

Machtkampf um Posten und Inhalte

Im Machtkampf bei der FDP warnt Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle derweil vor einem radikalen Schnitt in der Parteiführung. Erforderlich sei eine "gute Mischung aus jungen Talenten und erfahrenen Politikern", sagte Brüderle der "Bild am Sonntag". Er kann sich demnach vorstellen, auch unter Rösler stellvertretender Parteichef zu bleiben. "Ganz ohne Kontinuität ist eine glaubwürdige Politik nicht machbar", betonte der Minister.

Brüderle riet seiner Partei, sich auf urliberale Themen zu konzentrieren, um die Krise zu überwinden. "Wir müssen uns auf unsere Brot- und Butter-Themen besinnen - Soziale Marktwirtschaft, Bildung, Bürgerrechte, Steuergerechtigkeit", wiederholte er.

Dagegen forderte Generalsekretär Christian Lindner eine inhaltliche Neuausrichtung seiner Partei. "Die FDP muss über Fragen, die materiellen Charakter haben, hinausdenken", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". "Wir müssen unsere Programmatik in eine neue Balance bringen."

Laut "Bild"-Zeitung bezeichneten Mitglieder der Partei- und Fraktionsspitze Kampfabstimmungen um die Stellvertreterposten im Parteipräsidium beim Bundesparteitag im Mai als wünschenswert. Aktuell seien bis zu fünf Bewerber für die drei Vizeposten im Gespräch. Neben Brüderle, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie den Landeschefs Jörg-Uwe Hahn aus Hessen und Daniel Bahr aus Nordrhein-Westfalen werde es wohl auch einen Bewerber aus Ostdeutschland geben.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen