Politik

Baustopp endet am Sonntagabend Siedler wollen wieder bauen

Die Stimmung ist euphorisch. Nach einem zehn Monate langen Baustopp wollen israelische Siedler am Sonntag im Westjordanland eine neue Bauwelle starten.

Die Stimmung ist euphorisch. Nach einem zehn Monate langen Baustopp wollen israelische Siedler am Sonntag im Westjordanland eine neue Bauwelle starten.

(Foto: dpa)

Zwei Tage vor dem Ende eines Baustopps im Westjordanland suchen Israel und die Palästinenser weiter nach einer Lösung. Ministerpräsident Netanjahu sucht offenbar nach einem "kreativen Ausweg" in dem verfahrenen Streit. Sein Chefunterhändler soll weiterhin in den USA bleiben, um einen "Kompromiss" zu erreichen. Vor Ort in Israel wollen die Siedler derweil Zeichen setzen.

Mit "leichter Bautätigkeit" wollen Siedler am Sonntagabend demonstrativ das Ende des zehnmonatigen Baustopps in den Siedlungen begehen. Das berichten israelische Medien. Eine "rückwärts laufende Uhr" solle das Ende des Moratoriums signalisieren. Um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nicht in Verlegenheit zu bringen, wollten die Siedler keine Bulldozer auffahren lassen, heißt es. Doch am Montag sollen schon die ersten Fertighäuser in Adam und Schaarei Hatikwa (Tore der Hoffnung) in die Landschaft gesetzt werden.

Netanjahu sitzt in einer unbehaglichen Zwickmühle.

Netanjahu sitzt in einer unbehaglichen Zwickmühle.

(Foto: dpa)

Nach Angaben der regierungskritischen "Frieden Jetzt"-Bewegung gebe es 2.066 "eingefrorene" Baugenehmigungen. Ab Montag könnten sie umgesetzt werden, trotz Drohungen der Palästinenser, die derzeitigen Verhandlungen abzubrechen. Der Baustopp habe eine "positive Stimmung" geschaffen, behauptete US-Präsident Barack Obama vor der UN-Vollversammlung in New York. "Aber die Palästinenser haben fast zehn Monate verstreichen lassen und sich trotz Baustopps direkten Verhandlungen verweigert", konterten Israelis.

Niemand weiß, ob doch noch in letzter Minute ein Kompromiss gefunden wird. "Regierungschef Benjamin Netanjahu hat bei seiner derzeitigen Koalition keine Mehrheit, den Baustopp fortzusetzen", erklärt ein Kommentator und fragt: "Wenn Netanjahu jetzt den Amerikanern signalisiert, innenpolitisch zu schwach zu sein, um die Siedler zu zügeln, wieso ist Obama dann überzeugt, dass Netanjahu zu großen und schweren Entscheidungen fähig sei, um innerhalb eines Jahres einen Rückzug zu den Grenzen von 1967 und die Errichtung eines zusammenhängenden und lebensfähigen palästinensischen Staates ohne Siedlungen zu ermöglichen?"

Derweil stürzten in den vergangenen Tagen fast nur negative Nachrichten über Israel ein, während die Juden nach dem Versöhnungstag ihr Laubhüttenfest begingen und die Politiker sich zu ihren Familien zurückgezogen hatten. So hieß es in den Medien, dass Israel Obamas Rede in der UNO "boykottiert" habe. Doch die israelische Delegation war dem Auftritt Obamas wegen des Feiertags ferngeblieben.

Bill Clinton macht Russen verantwortlich

Für Lieberman sind die Theorien Clintons nicht nachvollziehbar.

Für Lieberman sind die Theorien Clintons nicht nachvollziehbar.

(Foto: dpa)

Der ehemalige Präsident Bill Clinton provozierte bittere Schlagzeilen in Israel, weil er in einem Fernsehinterview ein neues "Hindernis für den Frieden" ausmachte: Nämlich die Million ab 1990 nach Israel eingewanderten russischen Juden. Viele Russen seien Siedler und gehörten zum "harten Kern" der Friedensgegner, behauptete Clinton. "Russischstämmige Politiker in Israel beeilten sich, über Clintons Sprüche beleidigt zu sein", kommentierte die Zeitung Haaretz. Jüdische Organisationen in den USA bezichtigten Clinton des "Rassismus" und falscher Informationen. Umfragen in Israel ergaben jedoch, dass die russischen Israelis die Friedensgespräche mehrheitlich unterstützen. Die Russen machen 16 Prozent der Bevölkerung aus und sind in allen Parteien vertreten. Nur wenige ziehen das Pionierleben in Siedlungen den Fleischtöpfen Tel Avivs vor. Die Partei des aus Russland eingewanderten Außenministers Avigdor Lieberman bezichtigte Clinton gar einer unlauteren Einmischung in innere Angelegenheiten Israels, der "böswilligen Pauschalisierung" und einer Unkenntnis des Beitrags der Russen für Israels Gesellschaft.

Israel spricht von Vorverurteilung

Weitere Verärgerung verursachte die Veröffentlichung eines "einseitigen und voreingenommenen" Reports der UN-Menschenrechtskommission in Genf. Es ging um das Entern des türkischen Schiffes "Mavi Marmari" Ende Mai durch israelische Truppen. Neun "Friedensaktivisten" wurden laut UNO von den Soldaten gefoltert, hingerichtet und misshandelt. Die Israelis reden jedoch von Schlägertrupps extremistisch islamistischer türkischer Organisationen wie der IHH mit Verbindungen zu Al Kaida. Israel hatte sich geweigert, mit der UN-Kommission zu kooperieren, weil von vornherein klar gewesen sei, dass der Report Israel der Kriegsverbrechen beschuldigen würde.

Krawalle in Jerusalem

Bei den Krawallen im Osten Jerusalems.

Bei den Krawallen im Osten Jerusalems.

(Foto: dpa)

In Jerusalem kam es derweil zu schweren Unruhen. Im Viertel Silwan hatten junge Palästinenser eine Straßenbarrikade mit Müllcontainern errichtet und einen jüdischen Wachmann attackiert, als er dort mit seinem Auto stecken blieb. Der empfand Lebensgefahr, gab Warnschüsse ab und verletzte einen der Steinewerfer tödlich. Bei den nachfolgenden Krawallen wurden mehrere Busse und Privatautos zertrümmert und elf Menschen, darunter Grenzschutzbeamte, zum Teil schwer verletzt. Besonders betroffen war die Zufahrtsstraße zur Klagemauer, wo sich zehntausende Juden wegen des Laubhüttenfestes eingefunden hatten.

Quelle: ntv.de

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