"Signal der Handlungsfähigkeit" Steuerreform doch vor NRW-Wahl
24.03.2010, 07:50 UhrSchwarz-Gelb will nun offenbar doch noch vor der Wahl in NRW eine Steuerreform vorlegen. Umstritten ist die Höhe der Entlastungen, offen ist zudem, ob der Bundesrat mitspielt: NRW-Ministerpräsident Rüttgers dürfte die Wahlkampfhilfe jedenfalls sehr ungelegen kommen.
Noch in der vergangenen Woche hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel dementieren lassen, dass die Koalition noch im April eine deutlich abgespeckte Steuerreform beschließen werde. Auch die FDP hatte erklärt, man halte in vollem Umfang an den bisherigen Vereinbarungen fest.
Nun will Schwarz-Gelb doch noch vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ein abgespecktes Steuerkonzept vorlegen. "Wir wollen ein Signal der Handlungsfähigkeit geben", zitiert die "Frankfurter Rundschau" einen Regierungsvertreter. Der Zeitung zufolge sollen die Eckpunkte für die zum 1. Januar 2011 geplante erste Stufe der Steuersenkungen möglichst schon Ende April oder in den ersten Mai-Tagen - also noch vor Abschluss der Steuerschätzung - veröffentlicht werden. Details des Gesetzes und Vorschläge zur Gegenfinanzierung wolle die schwarz-gelbe Koalition aber erst im Juni beschließen.
Mehrheit im Bundesrat wackelt
Die Steuerschätzung, die drei Tage vor der NRW-Wahl stattfindet, war bislang offiziell von der Koalition als Grund genannt worden, warum Sparvorschläge und Steuerkonzept noch nicht vorgelegt werden könnten. Umfragen zufolge können CDU und FDP nicht damit rechnen, bei der Wahl am 9. Mai eine Mehrheit zu erhalten. Damit würde die Bundesregierung auch ihre knappe Mehrheit im Bundesrat verlieren.
Bereits vor einer Woche hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, die Koalition wolle die Steuerreform aufspalten und im April eine erste Entlastung um fünf bis zehn Milliarden Euro verkünden. Dies hatte ein Regierungssprecher dementiert und erklärt, es bleibe dabei, dass erst nach der Steuerschätzung entschieden werde. Die "Frankfurter Rundschau" berichtet, die CDU-Chefin Merkel, der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle und CSU-Chef Horst Seehofer hätten angesichts der Umfragewerte in Nordrhein-Westfalen schon bei ihrem Treffen vor rund einem Monat eine Aufspaltung der Steuerreform besprochen. Das Gesamtvolumen für 2011 und 2012 solle nach dem Willen der Union unter den von der FDP gewünschten 16 bis 19 Milliarden Euro liegen. Erste Eckpunkte sollten bereits vor der NRW-Wahl vorgestellt werden. "Wir sind bei den Wählern so in Verschiss, da kommen wir nur durch Taten heraus", zitiert die Zeitung einen Koalitionär.
Brüderle nicht auf FDP-Linie
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) signalisierte Bereitschaft, die geplanten Steuerentlastungen in mehreren Schritten zu vollziehen. Auf die Frage, ob es noch vor der NRW-Wahl Klarheit über die Steuerreform gebe, antwortete Brüderle in der "Passauer Neuen Presse": "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit." Der stellvertretende FDP-Vorsitzende betonte: "Wir brauchen eine Steuerreform mit Hand und Fuß und kein Reförmchen, das wir ständig nachbessern müssen. Das kann auch in zwei Schritten geschehen." Zum versprochenen Entlastungsvolumen von 19,5 Milliarden Euro sagte Brüderle, der Koalitionsvertrag gelte. Den Leistungsträgern der Gesellschaft müsse mehr Luft zum Atmen bleiben.
Allerdings hatte die FDP-Spitze schon am Montag deutlich gemacht, dass sie bereit ist, das Entlastungsvolumen zu senken. Fraktionschefin Birgit Homburger sprach von einem Umfang von 16 bis 19 Milliarden Euro. Zudem erklärte Westerwelle seine Bereitschaft, die Steuersenkungen in zwei Stufen umzusetzen.
CDU-Ministerpräsidenten sagen Nein
Dagegen hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) am Montag erklärt, die Bundesregierung werde noch vor der Wahl in NRW klarmachen, dass es in diesem Jahr keine große Steuersenkung geben wird. "Es kann nicht sein, dass Kommunen Kindergärten nicht ausbauen können, Schwimmbäder schließen müssen für Steuersenkungen, für die kein Geld mehr ist."
Offen ist zudem, ob eine Steuerreform die Zustimmung des Bundesrats finden wird. Er werde "keiner Steuersenkung zustimmen, die dazu führt, dass bei den Kommunen Probleme entstehen", sagte Rüttgers am Dienstag. Der baden-württembergische Regierungschef Stefan Mappus (CDU) sagte, angesichts leerer Kassen bei Ländern und Gemeinden seien sich die Regierungschefs der CDU einig, dass weitere Steuerausfälle 2011 nicht verkraftbar seien. "Ich kenne keinen einzigen, der auch nur ansatzweise etwas anderes vertritt."
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP/rts