Anschlag in Israel Tote und Verletzte
04.11.2002, 00:22 UhrBei einem Selbstmordanschlag in einem Einkaufszentrum in Israel sind am Montag drei Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. 70 Menschen wurden bei der Explosion eines palästinensischen Selbstmordattentäters der Dschihad Islami Organisation aus dem Flüchtlingslager Balata bei Nablus in Kfar Saba nordöstlich von Tel Aviv verwundet, vier von ihnen schwer, teilten Polizei und Vetreter von Rettungsdiensten mit. Die Explosion ereignete sich um 18.15 Uhr Ortszeit (17.15 Uhr MEZ).
Augenzeugen berichteten im israelischen Fernsehsender Kanal 2, ein Selbstmordattentäter habe sich vor einem Elektrogeschäft in die Luft gesprengt. Unter den drei Toten war der Attentäter, wie das israelische Fernsehen berichtete. Kfar Saba ist fünf Kilometer von der palästinensischen Stadt Kalkilija entfernt, die an der Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland liegt. In der Gegend wurden in den vergangenen zwei Jahren bereits mehrere Selbstmordattentate verübt.
Scharon bleibt stark
Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat am Montag im Parlament drei Misstrauensanträge der Opposition überstanden. Das erlaubt ihm die Fortsetzung der Suche nach Partnern für seine Koalition, die nach dem Austritt der Arbeitspartei die Mehrheit verloren hat. Danach hat das Parlament der Berufung des früheren Armeechefs Schaul Mofas zum neuen Verteidigungsminister zugestimmt.
Das Scheitern der Misstrauensanträge war erwartet worden, nachdem die weit rechts stehende Partei Jisrael Beitenu angekündigt hatte, ihre Fraktion werde sich der Stimme enthalten. Sie führt derzeit Koalitionsverhandlungen mit Scharon. Ihre sieben Abgeordneten könnten ihm die Mehrheit zurückverschaffen. Die Alternative wären vorgezogene Wahlen.
Die sozialdemokratische Arbeitspartei verließ die Koalition im Streit um den Staatshaushalt 2003. Sie hatte vergeblich durchzusetzen versucht, dass Mittel für soziale Zwecke in Israel umgewidmet werden, die für die jüdischen Siedlungen in den besetzten Palästinenser-Gebieten vorgesehen sind.
Scharon hatte seinen Amtsvorgänger und Erzrivalen Netanjahu am Wochenende überraschend für das Außenministers gewonnen. Netanjahu war von 1996 bis 1999 Regierungschef in Israel. In dieser Zeit hatte er den von der Vorgängerregierung angestoßenen Friedensprozess mit den Palästinensern ständig unterlaufen. Netanjahu machte in den letzten Jahren keinen Hehl daraus, dasss er das Amt erneut übernehmen will. Doch Netanjahu wollte sich von Scharon nicht die Hände binden lassen, und stellte als Bedingung vorgezogene Neuwahlen. Scharon bezeichnete Netanjahus Bedingungen als "unverantwortlich", was bedeutet, dass Netanjahu vorerst nicht Mitglied der Regierung unter Scharon wird.
Mehrere Palästinenser getötet
Im Gazastreifen wurden bei drei Zwischenfällen innerhalb von 24 Stunden fünf Palästinenser getötet, wie israelische Militärsprecher und palästinensische Stellen mitteilten. Sie hätten sich dem schwer bewachten Grenzzaun genähert und seien von Soldaten erschossen worden. Unter den Toten war nach palästinensischen Angaben ein geistig behinderter Mann, der sich offenbar verlaufen hatte.
Im Westjordanland wurden zwei Palästinenser bei der Explosion ihres Autos getötet. Palästinensische Beamte warfen Israel einen Anschlag auf die beiden Männer vor. Bei einem der Getöteten soll es sich um einen Hamas-Aktivisten handeln, der Onkel jenes Selbstmordattentäters, der sich vor einigen Tagen in Ariel gesprengt und dabei drei Israelis getötet hat. Nach israelischen Angaben habe dieser Onkel den Selbstmordattentäter angeleitet und nach Ariel geschickt.
ai erhebt schwere Vorwürfe gegen Israel
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat der israelischen Armee Kriegsverbrechen gegen die Palästinenser vorgeworfen. In einem am Montag in Jerusalem veröffentlichten Bericht prangert ai Menschenrechtsverletzungen der Armee in den Autonomie- Städten Nablus und Dschenin an. So habe die Armee bei ihrem Großeinsatz zwischen April und Juni Zivilisten getötet, Gefangene gefoltert und Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht. Außerdem seien Hunderte Häuser mutwillig zerstört und Hilfskräfte an der Versorgung von Palästinensern gehindert worden.
ai forderte eine "vollständige, transparente und unparteiische Untersuchung" der Vorgänge. An die internationale Gemeinschaft wurde appelliert, die Verantwortlichen dieser "Kriegsverbrechen" zur Rechenschaft ziehen. Vor nur drei Tagen hat eine andere Menschenrechtsorganissation, Human Rights Watch, die palästinensischen Kämpfer der Kriegsverbrechen bezichtigt und die palästinensische Führung als "mitverantwortlich" bezeichnet, weil sie diese "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" nicht verhindere oder ahnde und so einen straffreien Raum geschaffen habe.
Quelle: ntv.de