Für den Feind gehalten US-Marines erschießen kleinen Jungen
10.01.2014, 12:20 Uhr
US-Marine mit einem Spürhund in der Provinz Helmand (Archivaufnahme).
(Foto: REUTERS)
Tragischer Vorfall in Afghanistan: US-Soldaten erschießen ein vierjähriges Kind, weil sie es für einen Taliban-Kämpfer halten. Starker Wind und fliegender Sand soll den Soldaten die Sicht vernebelt haben. Kabul fordert nun Konsequenzen.
In Afghanistan haben US-Soldaten nach Angaben der örtlichen Behörden einen vierjährigen Jungen getötet. Wegen schlechter Sicht durch einen Sandsturm hätten die Marines das Kind für einen Feind gehalten und das Feuer eröffnet, sagte ein Sprecher des Gouverneurs in der südafghanischen Provinz Helmand. Der Junge sei sofort tot gewesen. Der Vorfall habe sich bereits am Mittwoch ereignet.
Das Präsidialamt in Kabul verurteilte das Vorgehen der Soldaten. Die USA müssten umgehend alle Einsätze in Dörfern stoppen, damit nicht noch mehr Zivilisten getötet würden, forderte ein Sprecher von Präsident Hamid Karzai.
Ein Sprecher der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan erklärte, der Vorfall werde untersucht. Man werde alles daran setzen, im Kampf gegen die Taliban weitere Opfer unter Zivilisten zu vermeiden.
Angespannte Beziehungen zwischen Kabul Washington
In den vergangenen Jahren ist es in Afghanistan immer wieder zu zahlreichen Zwischenfällen gekommen, bei denen ausländische Soldaten Zivilisten mit Aufständischen verwechselten und töteten. Die steigende Zahl an zivilen Opfern hat zu massiven Verstimmungen zwischen den Regierungen in Kabul und Washington geführt.
So weigert sich Karsai bislang, mit den USA ein neues Sicherheitsabkommen zu unterzeichnen. Darin soll unter anderem die Stationierung von US-Soldaten nach Abzug der ausländischen Kampftruppen Ende des Jahres geregelt werden. Karsai will den Vertrag jedoch erst durch seinen Nachfolger unterschreiben lassen, der im April gewählt wird.
Die "Washington Post" berichtete unter Berufung auf eine Depesche des US-Botschafters in Kabul, James Cunningham, der Diplomat glaube nicht, dass Karsai sich dem Druck aus Washington beugen werde. Die USA drohen für diesen Fall mit einem Abzug aller internationalen Truppen Ende des Jahres und stellen auch die zivile Hilfe in Frage.
Quelle: ntv.de, dsi/rts/dpa