Für eine Handvoll jüdische Stimmen Romney reist nach Israel
28.07.2012, 22:32 UhrOffiziell besucht der republikanische Präsidentschaftskandidat Romney drei Länder auf seiner Auslandsreise. Der Schwerpunkt liegt aber vor allem auf: Israel. Hier kann er jüdische Wähler umwerben, die sehr viel konservativer sind als die meisten Juden in den USA. Doch Obama hat schon ein Willkommensgeschenk für seinen Herausforderer.

Romney mit seiner Frau Ann bei der Ankunft in Tel Aviv.
(Foto: REUTERS)
Falls Mitt Romney am 6. November die US-Präsidentschaftswahl verliert, kann ihm keiner den Vorwurf machen, er habe es nicht hart genug probiert. Schließlich reist er nun Tausende Kilometer nach Israel, um einen Brocken aus Barack Obamas loyalstem Wählerblock abzubrechen: Juden.
Vor seiner Abreise übte Romney noch einmal scharfe Kritik an der Israelpolitik Obamas. Der habe Amerikas "engsten Alliierten im Nahen Osten" vor den Vereinten Nationen "beleidigt" und "als Problem dargestellt", sagte Romney in seiner Rede vor Veteranen. Das Weiße Haus habe sich wiederholt auf die Seite der Palästinenser geschlagen und Israels Bedürfnisse ignoriert. Als Beweis dient ihm auch das schlechte persönliche Verhältnis zwischen Obama und Israels konservativem Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Dessen Umfragewerte unter Amerikas Wählern sind allerdings noch schlechter als die von Obama: Nur 35 Prozent haben eine positive Meinung von Netanjahu, 23 Prozent eine negative.
Zweifel an Obamas Israel-Treue
Vor allem aber Obamas Forderung, dass Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern auf Grundlage der Grenzen von vor 1967 zu beginnen, sei ein Fehler, da diese "nicht zu verteidigen" seien. "Die Rolle als Verhandlungsführer zu übernehmen und Israel damit der Möglichkeit zu berauben, seine eigene Zukunft zu entscheiden, ist nicht das, was Amerika tun sollte", erklärte Romney nun in einem Interview mit der Zeitung "Israel Hayom". Das Blatt ist im Besitz von Romney-Unterstützer und Kasino-Milliardär Sheldon Adelson.
Es sind Argumente, die vor allem konservative Juden und die traditionell pro-israelischen Evangelikalen in den USA für Romney begeistern sollen. Letztere kann Romney bereits mehrheitlich für sich verbuchen. Doch die jüdischen Stimmen sind sehr viel schwerer zu bekommen.
Denn Amerikas Juden machen ihre Kreuzchen fast ausschließlich hinter den Namen demokratischer Kandidaten. Sie gehören außerdem zu den liberalsten Bevölkerungsgruppen des Landes: Themen wie die Homo-Ehe, eine allgemeine Gesundheitsversicherung oder Abtreibung sind für sie kein rotes Tuch – anders als bei Protestanten, der größten Religionsgruppe der USA. 2008 gewann Obama 74 Prozent der jüdischen Wähler für sich. Nur Afro-Amerikaner standen geschlossener hinter dem jungen Senator aus Illinois.
Juden wichtig in "Swing States"
Landesweit spielen die jüdischen Wähler zwar kaum eine Rolle, zu klein ist ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. Doch vor allem im wichtigen Bundesstaat Florida, einem möglicherweise wahlentscheidenden "Swing State", können sie den Unterschied ausmachen. Florida ist vor allem bei älteren Juden als Alterssitz sehr beliebt. Die jüdische Gemeinde hier ist politisch sehr engagiert, ihre Wahlbeteiligung ist immer hoch. Dass Obama 2008 Florida gewann, hatte er auch den Juden im "Sonnenschein-Staat" zu verdanken.
2012 wird Florida erneut einer der wichtigen, vielleicht sogar entscheidenden Staaten sein. Die Demokraten schicken regelmäßig in Washington ausgebildete Wahlkampfhelfer hierher, um eine starke Organisation aufzubauen.
Neokonservativer Romney
Doch das tun auch die Republikaner. Sie schalteten vor Romneys Reise nach Israel eine 6 Millionen Dollar teure TV-Kampagne in Florida und zwei weiteren "Swing States", Ohio und Pennsylvania. Die 150.000 wahlberechtigten Amerikanern, die in Israel leben, müssen sie allerdings nicht mehr überzeugen: Die meisten von ihnen sind bereits treue Republikaner. Sie können sich wiederfinden in Romneys pro-israelischer Argumentation. "Der Schlüssel für einen stabilen Frieden ist Israels Sicherheitsgefühl", schreibt Romney auf seiner Internetseite. Die USA müssten aktiver gegen anti-israelische Stimmungen in der Region vorgehen und vor allem noch mehr Druck auf Erzfeind Iran aufbauen – auch mit der Androhung militärischer Gewalt. So deutlich hatten das zuletzt die Neokonservativen der Bush-Regierung ausgedrückt.
Kein Wunder also, dass der ehemalige Pressesprecher von George W. Bush, Ari Fleischer, Romneys Besuch in Israel vorbereiten sollte. Natürlich werde man nicht die Mehrheit der jüdischen Stimmen holen, so Fleischer. "Aber wenn es 30 Prozent werden", so Fleischer, "ist die Wahl gewonnen".
Neuesten Umfragen zufolge wird das jedoch eher schwierig. 68 Prozent der jüdischen Wähler unterstützen laut Gallup Obama. Nur 25 Prozent halten zu Romney. Im Juni waren es noch 29 Prozent.
Obama unterschreibt Militärhilfe-Gesetz

Obama unterzeichnet in Washington ein Militärhilfe-Gesetz zur Unterstützung Israels.
(Foto: dpa)
Gerne würde Obama diesen Abstand zementieren. Deswegen ist es wohl kein Zufall gewesen, dass er am Freitag, als Romney die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London live verfolgte, Israel mehr Militärhilfe zukommen ließ. Vor allem das Raketenabwehrprojekt "Iron Dome" soll mit zusätzlich 70 Millionen US-Dollar verstärkt werden, um Angriffe aus dem Palästinensergebiet abzuwehren. Ein Geschenk an Jerusalem, mit dem der Präsident seinem politischen Herausforderer das Wasser abgraben will. Romney blieb nichts anderes übrig, als die Maßnahme abzunicken.
Unproblematischer wird das Thema Israel für Obama dadurch allerdings nicht. Am Donnerstag lieferte sich sein Sprecher Jay Carney einen lebhaften Schlagabtausch mit Reportern wegen der Jerusalem-Frage. "Welche Stadt sollte nach Meinung der Regierung die Hauptstadt Israels sein?", fragte eine Journalistin. Carney wich aus: "Seine Position hat sich nicht verändert", erwiderte Carney mehrfach, doch mehr ließ er auch auf wiederholte Nachfrage nicht durchblicken. Erst im Manuskript der Pressekonferenz wurde vermerkt: "Der Status von Jerusalem sollte Teil der Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern sein."
Quelle: ntv.de