Ein Sündenbock muss her Union zeigt Nerven
29.07.2010, 07:14 UhrIn der Union gärt es. Grund dafür ist der Absturz unter die 30-Prozent-Marke. Als Übeltäter machen einige CDU-Politiker Wirtschaftsminister Brüderle aus. Der FDP-Politiker habe ohne Not eine Debatte über die Rentengarantie angestoßen, die nicht gut angekommen sei. Zudem warnt der CDU-Wirtschaftsflügel vor zu viel Moderne im Kurs der Partei.
Nach dem Absturz der Union in einer Umfrage unter die 30-Prozent-Marke machen sich erste CDU-Politiker auf die Suche nach einem Sündenbock. In dem FDP-Politiker und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle werden sie fündig.
"Wenn Koalitionen nicht mit einer Stimme sprechen, dann ist das der Bevölkerung schwer vermittelbar", sagte Sachsen-Anhalts CDU-Vorsitzender Thomas Webel dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Brüderle hatte gefordert, die gesonderte Garantie der Rentenhöhe wieder abzuschaffen. "So etwas darf nicht passieren. Eine Diskussion über die Rentenformel zur Unzeit hilft keinem weiter", sagte Webel, dessen Landesverband im kommenden März eine Landtagswahl bestehen muss.
Auch der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer kritisierte "diese Provokation von Brüderle mit der Rentengarantie". Er habe von vornherein gewusst, dass sie nicht rückgängig gemacht werde. "Das führt nur zur Verunsicherung der Bevölkerung."
Wirtschaftsflügel kritisiert Politikstil
Der Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, hatte zuvor einen anderen Sündenbock ausgemacht: Den parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier. Schlarmann warf ihm vor Modernisierung mit Anpassung an den Zeitgeist zu verwechseln. "Der Volksmund weiß aber: Wer den Zeitgeist heiratet, kann sehr schnell Witwer werden", sagte Schlarmann dem "Handelsblatt".
Altmaier hatte in einem Interview dafür plädiert, Antworten auf veränderte politische Verhältnisse zu finden. Dazu gehöre, Wähler zu gewinnen, die derzeit eher Grüne oder SPD wählten. Die Zeit der Lagerwahlkämpfe sei vorbei.
Nach Schlarmanns Vorstellungen müsse eine Modernisierung der Partei "Tradition und Fortschritt miteinander verbinden". Viele bürgerliche Wähler hätten sich von der Koalition strukturelle Reformen versprochen. Doch stattdessen sei es zu einem "kopflosen Fehlstart der Bundesregierung, zu einem massiven Verlust von Führungspersönlichkeiten und zu einem der NRW-Wahl geschuldeten Stillstand bei den Reformen" gekommen. Dies habe Stammwähler verprellt.
Merkel bleibt entspannt

Merkel hofft auf die Wirtschaft.
(Foto: dpa)
Die Union war erstmals seit 2006 im auf 29 Prozent gefallen. Rot-Grün hätte im theoretischen Fall einer Bundestagswahl derzeit weiter eine absolute Mehrheit. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sieht dennoch keinen Grund zur Beunruhigung. Sie setzt nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm wegen der anziehenden Konjunktur und der Erholung auf dem Arbeitsmarkt auf eine Trendwende in der Stimmung der Bevölkerung schon in den kommenden Monaten.
Doch der Chef der CDU/CSU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, Josef Schlarmann (CDU), erneuerte seine Kritik am Modernisierungskurs der Partei.
Quelle: ntv.de, dpa