Kein Brief an Hartz-IV-Familien Von der Leyen schreibt nicht
20.04.2011, 11:49 UhrLeistungen aus dem sogenannten Bildungspaket werden bislang so gut wie gar nicht beantragt. Das könnte daran liegen, dass die Zielgruppe von der Werbung des Ministeriums nicht erreicht wird. Einen Brief an die betroffenen Familien will von der Leyen allerdings nicht schreiben. Entsprechende Äußerungen aus einem Interview stellt ihr Haus nun klar.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen will nun doch nicht per Brief an die Familien wenden, die das Bildungspaket in Anspruch nehmen können. Von der Leyen wolle lediglich die Informationsarbeit der Kommunen unterstützen, teilte ihr Ministerium mit.
Der "Passauer Neuen Presse" hatte die CDU-Politikerin gesagt, sie halte es für richtig, "jede Hartz-IV-Familie einzeln anzuschreiben". Die Verwaltung müsse aktiv auf die Eltern zugehen und sich kümmern, dass das Bildungspaket zu den Familien komme. "Aber auch die Eltern müssen ihren Teil der Verantwortung wahrnehmen. (...) Warum sollen sie keinen Antrag für das Bildungspaket der Kinder stellen können?"
Die Bundesregierung wirbt derzeit auf Großflächenplakaten in Städten mit mehr als 300.000 Einwohnern für die neuen Leistungen. Für diesen Donnerstag hat von der Leyen Vertreter der Kommunen und der Länder zu einem runden Tisch nach Berlin geladen, um über das weitere Vorgehen zu sprechen.
Das Gesetz war erst Ende März in Kraft getreten, obwohl bereits seit Januar ein Rechtsanspruch auf Bildungsleistungen existiert. Bisher sind aber nur wenige Anträge für rückwirkende Erstattung der Ausgaben gestellt worden.
"So funktioniert Jugendhilfe nicht"
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, Ulrich Schneider, sieht die Gründe für die geringe Akzeptanz des Hartz-IV-Bildungspakets in mangelnder Transparenz. "Das Gesetz ist einfach falsch gemacht. Das Gesetz geht davon aus, dass man irgendwo sitzt und wartet, bis jemand kommt und einen Antrag stellt", sagte Schneider im ZDF.
Eltern bedürftiger Kinder müssen schriftlich Anträge ausfüllen, um die staatlichen Zuschüsse zu beantragen. "So funktioniert Jugendhilfe aber nicht", sagte Schneider. "Wir müssen die Jugendlichen da abholen, wo sie sind, und das gelingt nicht mit so einem Antrag." Vielmehr hätte eine Informationsoffensive in Schulen, Kitas oder Jugendzentren gestartet werden müssen, sagte Schneider.
Der Grünen-Sozialpolitiker Markus Kurth und die Linken-Sozialpolitikerin Katja Kipping hatten die offenbar weitgehend folgenlose Werbung für das Bildungspaket scharf kritisiert. Kurth sagte, alle Leistungsberechtigten müssten persönlich angeschrieben und informiert werden. Kipping meinte, es wäre "zweckmäßiger, alle Leistungsberechtigten direkt anzuschreiben".
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP